Auf einen Blick:
- Die GbR wird registerfähig, teilweise auch registerpflichtig.
- Die GbR wird umwandlungsfähig.
- Das Beschlussmängelrecht ändert sich grundlegend.
- Zukünftig richten sich Stimmrechte sowie Gewinn- und Verlustzurechnungen nach der Beteiligung und nach den Beiträgen der Gesellschafter.
- Gesellschaftsverträge sollten vor dem 01.01.2024 auf Anpassungsbedarf geprüft werden.
- Insbesondere bei vermögensverwaltenden Beteiligungsgesellschaften in Form der GbR sind zudem die zukünftigen Register- und Transparenzpflichten kritisch zu prüfen.
Problemaufriss
Der tiefgreifende Reformbedarf des Personengesellschaftsrechts wurde spätestens vor mehr als 20 Jahren durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) ausgelöst (Urteil vom 29.01.2011, II ZR 331/00). Damals stufte der BGH die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) entgegen der gesetzlichen Konzeption bei Teilnahme am Rechtsverkehr als „rechtsfähig“ ein und unterstellte sie systemfremd dem Haftungsregime der offenen Handelsgesellschaft (OHG). Als der BGH 2008 auch die Grundbuchfähigkeit der GbR anerkannte (Urteil vom 25.01.2008, V ZR 63/07), verschärfte sich die Kritik an der Untätigkeit des Gesetzgebers. Die Debatte gewann politische Aufmerksamkeit, als Carsten Schäfer anlässlich des 71. Deutschen Juristentages 2016 in Essen ein ausführliches Gutachten über die Diskrepanzen zwischen kodifiziertem und praktiziertem Recht vorlegte. In der Folgezeit erarbeitete eine eingesetzte Expertenkommission den sogenannten Mauracher Entwurf als Reformvorschlag. Dieser fand größtenteils Eingang in den Regierungsentwurf und wurde schließlich am 25.06.2021 durch den Bundestag beschlossen. Gesetzgeberisches Ziel war dabei weniger, einen radikalen Kurswechsel zu vollziehen, als die gesetzlichen Regelungen an das moderne Wirtschaftsleben und die gelebte Rechtspraxis anzupassen. Durch das sog. Mantelgesetz werden insgesamt 136 Gesetze und Verordnungen angepasst.
Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer GbR
Ursprünglich war der GbR keine Rechtsfähigkeit durch den Gesetzgeber zugeschrieben worden. Unter Rechtsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, selbstständig Träger von Rechten und Pflichten zu sein. In der neuen Gesetzesfassung wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nunmehr eine klare Unterscheidung zwischen zwei Rechtsformvarianten der GbR vorgenommen. Während die §§ 706 ff. BGB n. F. die rechtsfähige GbR regeln, befassen sich die §§ 740 ff. BGB n. F. mit der nicht rechtsfähigen GbR. Damit sind die vom BGH entwickelten Rechtsfiguren der Innen- und der Außen-GbR obsolet. Die rechtsfähige GbR wird Inhaberin von Rechten und Pflichten, sofern es dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter entspricht, am Rechtsverkehr teilzunehmen. Die Rechtsfähigkeit beginnt gegenüber Dritten entweder durch die Eintragung in das Gesellschaftsregister oder durch einvernehmliche Zustimmung aller Gesellschafter zur Teilnahme am Rechtsverkehr, vgl. § 719 BGB n. F. Sollte der Wille der Gesellschafter nicht auf die Teilnahme am Rechtsverkehr gerichtet sein, handelt es sich um eine nicht rechtsfähige GbR, § 740 BGB n. F. Der Gesetzgeber verzichtet auf eine eigenständige Ausgestaltung und verweist überwiegend auf die Regelungen für die rechtsfähige GbR. Wichtig zu wissen: Anders als bisher wird die rechtsfähige GbR nicht mehr automatisch durch verschiedene Gründe (z. B. durch Tod oder Austritt eines Gesellschafters) aufgelöst. Vielmehr bleibt die rechtsfähige GbR grundsätzlich bestehen. Zwar konnte dies auch früher schon so im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, jetzt ist dies aber notwendig, § 723 BGB n. F.
Abschaffung des Gesamthandsprinzips
Das sog. Gesamthandsprinzip stellt nach geltendem Recht eine spezielle Form der Vermögenszurechnung dar, bei der das Vermögen allen beteiligten Personen gemeinschaftlich zusteht und nicht teilbar ist („Jedem gehört alles“). Dieses Prinzip stand jedoch im Widerspruch zur von der Rechtsprechung anerkannten (Teil-)Rechtsfähigkeit der GbR, weil diese nun selbst in der Lage war, (Gesellschafts-)Vermögen zu besitzen. Mit der Reform wird das Gesamthandsprinzip für Personengesellschaften durch ersatzlose Streichung der §§ 718–720 BGB a. F. abgeschafft. Stattdessen legaldefiniert § 713 BGB n. F. die Beiträge der Gesellschafter und durch die Gesellschaft erworbenes Vermögen ausdrücklich als „Vermögen der Gesellschaft“. Diese Änderung betrifft auch die OHG und die Kommanditgesellschaft (KG).
Umstritten ist allerdings, ob der Gesetzgeber durch die Streichung im Gesellschaftsrecht vollständig vom Konzept der Gesamthand abrücken wollte oder ob es weiterhin für die nicht rechtsfähige GbR Anwendung finden soll. Dafür könnte sprechen, dass sich bei fehlender Rechtsfähigkeit keine Probleme bei der Zurechnung des Gesellschaftsvermögens ergeben. Zudem hält der Gesetzgeber für die (nicht rechtsfähige) Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) sowie für die eheliche Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) am Gesamthandsprinzip fest. Eine unterschiedliche Behandlung ähnlich gelagerter Sachverhalte ergäbe keinen Sinn.
Im Steuerrecht beziehen sich zahlreiche Normen ausdrücklich auf das Gesamthandsprinzip. Dennoch hat sich der Gesetzgeber bewusst dagegen entschieden, diese Normen anzupassen, und dies mit der Autonomie des Steuerrechts begründet. Auch dies deutet darauf hin, dass nur für rechtsfähige Personengesellschaften die Abkehr vom Gesamthandsprinzip gilt. Eine Klarstellung wäre wünschenswert gewesen. Diese erfolgt möglicherweise zeitnah mit dem Wachstumschancengesetz, das Anpassungen des Steuerrechts im Hinblick auf das MoPeG vorsieht. Der Regierungsentwurf befindet sich aber noch in parlamentarischer Beratung.
Stimmrechte und Gewinnanteile
Bisher richteten sich bei Personengesellschaften die Anteile am Gewinn und Verlust sowie die Stimmrechte der Gesellschafter nach Köpfen, soweit dies im Gesellschaftsvertrag nicht explizit anders geregelt war. Mit der Einführung des MoPeG ändert sich dies: Nun werden sowohl die Stimmrechte der Gesellschafter als auch ihre Anteile am Gewinn und Verlust vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen und wenn nötig nach dem Verhältnis der festgelegten Werte der jeweiligen Beiträge der Gesellschafter bestimmt, ähnlich wie Kapitaleinlagen in Kapitalgesellschaften. Empfehlenswert ist es für bestehende Gesellschaften, ihre Beteiligungsverhältnisse zu prüfen und den Wert der Beteiligungen zu definieren bzw. verbindliche Werte für Beiträge der Gesellschafter festzulegen, um Rechtsunsicherheit bezüglich der Berechnung von Stimmrechten sowie Gewinn- und Verlustanteilen zu vermeiden.
Mehr Rechtssicherheit durch das Gesellschaftsregister
Eine bedeutende Neuerung stellt für die GbR das neue Gesellschaftsregister dar. Während für andere Gesellschaftsformen schon heute öffentliche Register geführt werden, war eine Eintragung einer GbR bislang nicht möglich. In der Praxis führte dies oft zu erheblichen Rechtsunsicherheiten, beispielsweise bei der Außenvertretung oder der Inanspruchnahme der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter. Ebenfalls herausfordernd war etwa die Klärung der Beteiligungen an einer im Grundbuch eingetragenen GbR. Die bisherigen Regelungen in §§ 899a BGB, 47 Abs. 2 der Grundbuchordnung (GBO) waren unzureichend.
Das Gesellschaftsregister soll nunmehr Rechtssicherheit und Transparenz schaffen. Obwohl die Eintragung von erheblicher praktischer Relevanz ist, hat der Gesetzgeber jedoch keine Eintragungspflicht statuiert. Es bleibt bei der Möglichkeit, eine GbR schnell und formlos zu gründen. Im Grundsatz gilt: Immer dann, wenn die GbR in ein öffentliches Register als Inhaberin von Rechten eingetragen werden soll, muss sie aus Gründen der Publizität auch im Gesellschaftsregister eingetragen sein (z. B. als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch). Ansonsten haben die Gesellschafter die freie Wahl, ob sie die GbR eintragen lassen.
Nach Eintragung in das Gesellschaftsregister ist zwingend der Zusatz „eingetragene“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. „eGbR“ in der Firmierung zu führen. Ist die GbR eingetragen, kann sie nicht mehr ausgetragen werden. Nach der Registrierung bleiben zur Löschung nur die Liquidation oder die Umwandlung der eGbR in eine andere Gesellschaftsform.
Mit Eintragung in das Gesellschaftsregister sind zudem die Transparenzpflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) zu beachten. Dies betrifft insbesondere gemäß § 20 Abs. 1 GwG die Pflicht, Angaben zu wirtschaftlich Berechtigten zu machen. Ein Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Strafe von bis zu 5 Mio. Euro oder 10 Prozent des Gesamtumsatzes eines Jahres geahndet werden. Bestehende Personengesellschaften sollten daher prüfen, ob sie faktisch eintragungspflichtig sind (z. B. Beteiligungsgesellschaften).
Unternehmensrestrukturierung leicht(er) gemacht
Derzeit ist es nicht möglich, eine GbR im Rahmen des Umwandlungsgesetzes (UmwG) mit einer anderen Gesellschaft zu verschmelzen oder sie in eine andere Rechtsform nach dem UmwG umzuwandeln. In der Praxis müssen Unternehmer daher zunächst den Umweg über die „Umwandlung“ in eine OHG nehmen. Dazu muss die GbR in das Handelsregister eingetragen werden, wodurch sie gemäß § 105 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) automatisch zur OHG wird. Erst danach sind Umwandlungsmaßnahmen möglich.
Künftig wird die GbR als umwandlungsfähiger Rechtsträger im Sinne des UmwG (§§ 39–45 UmwG n. F.) anerkannt. Sie kann sich an einer Verschmelzung und Spaltung beteiligen und ihre Rechtsform bspw. in eine GmbH umwandeln. Dies gilt allerdings nur für die eGbR. Damit gewinnt die eGbR insbesondere für Familienunternehmen als unkomplizierte Beteiligungsform an Attraktivität.
Beschlussmängelrecht wird angeglichen
Auch die Änderungen im Beschlussmängelrecht sind von erheblicher praktischer Bedeutung. Bislang bestehen hier markante Unterschiede zwischen Kapital- und Personengesellschaften. Bei Kapitalgesellschaften sind Gesellschafterbeschlüsse nur in Ausnahmefällen nichtig und üblicherweise innerhalb einer Monatsfrist anfechtbar. Die Anfechtungsklage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Nach Fristablauf werden Gesellschafterbeschlüsse endgültig wirksam (Anfechtungsmodell). Im Gegensatz dazu gelten rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse in Personengesellschaften nach herrschender Meinung stets als nichtig (Nichtigkeitsmodell). Die Nichtigkeit muss im Streitfall durch eine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geltend gemacht werden, und zwar gerichtet gegen die Mitgesellschafter. Eine Anfechtungsfrist ist dabei grundsätzlich nicht zu beachten. Einzige Grenze ist die Verwirkung. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Rechtsunsicherheiten bezüglich der Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen.
Das MoPeG passt das Beschlussmängelrecht der Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG) zumindest teilweise an das der Kapitalgesellschaften an.
Die §§ 110 ff. HGB n. F. etablieren ein Beschlussmängelrecht für Personengesellschaften, das im Wesentlichen dem Aktienrecht nachempfunden ist, aber die Besonderheiten von Personenhandelsgesellschaften berücksichtigt. Das Gesetz unterscheidet nun zwischen nichtigen und anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen. Ein Beschluss ist gemäß § 110 Abs. 1 HGB n. F. nur noch nichtig, wenn er „gegen Rechtsvorschriften verstößt, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können“. Dies betrifft grundlegende, unabdingbare Teilhaberrechte eines Gesellschafters, auf die auch nicht durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag verzichtet werden könnte. Andere Verstöße, etwa gegen gesellschaftsvertragliche oder gesetzliche Regelungen, führen im Regelfall nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. Die Anfechtungsklage ist gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 HGB n. F. generell gegen die Gesellschaft zu richten und muss gemäß § 112 Abs. 1 HGB n. F. innerhalb von drei Monaten erhoben werden. Nach Fristablauf wird der Gesellschafterbeschluss vorbehaltlich § 110 Abs. 2 HGB n. F. endgültig wirksam. Der Gleichlauf zwischen Kapital- und Personenhandelsgesellschaften wird insbesondere im Fall der beliebten GmbH & Co. KG erheblich zur Rechtssicherheit beitragen.
Für die GbR gelten die vorstehenden Regelungen nicht automatisch. Dies folgt aus der Verortung der Regelungen im HGB, das nur für Personenhandelsgesellschaften Anwendung findet. Es ist aber problemlos möglich und auch empfehlenswert, das Beschlussmängelrecht im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.