World Globe focus on Europe

Ist Ihre Rechtsabteilung bereit für BEPS Pillar 2?


Sicherlich haben Sie bereits von Base Erosion and Profit Shifting 2.0 (kurz: BEPS 2.0) gehört oder gelesen – und es möglicherweise als ein Thema einsortiert, um das sich ausschließlich die Steuerabteilung Ihres Unternehmens kümmert.

Die Herausforderungen bei der Vorbereitung eines international tätigen Unternehmens auf diese neuen steuerlichen Rahmenbedingungen werden jedoch auch für die Rechtsabteilung – insbesondere für das gesellschaftsrechtliche Referat – spürbar werden.

BEPS 2.0 steht für das Projekt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organization for Economic Cooperation and Development, kurz: OECD) und der G20-Staaten zur Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs zwischen den Staaten und der aggressiven Steuervermeidung multinationaler Unternehmen. Pillar 2 sieht dabei eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent für bestimmte multinationale Unternehmen (Multinational Enterprises, kurz: MNEs) vor (mehr Informationen unter: Neue Weltsteuerordnung).

Soweit Ihr Unternehmen die Schwellenwerte von Pillar 2 erfüllt, ist es unerlässlich, dass Ihr Rechtsteam sich so bald wie möglich mit dem Thema auseinandersetzt, da diese Anforderungen ab dem 01.01.2024 in Kraft treten können – so unter anderem in Deutschland und der EU.

Die Vorbereitung auf BEPS 2.0 und die dann erforderlichen Meldungen und Berichte erfordern eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von Steuerteams mit Ihren Rechtsabteilungen, Finanz-, Rechnungs-, Personal- und IT-Teams sowie weiteren Stakeholdern.

Hintergrund

BEPS 2.0 hat zwei Elemente: Pillar 1 sieht Maßnahmen zur fairen internationalen Verteilung von Steuern vor, Pillar 2 eine neue globale effektive Mindestbesteuerung von 15 Prozent für international tätige Unternehmen (Multinational Enterprises, kurz: MNEs), mit einem Konzernumsatz von 750 Mio. Euro (802 Mio. US-Dollar) oder mehr in mindestens zwei der letzten vier Jahre.

Die 143 am BEPS-2.0-Projekt beteiligten Staaten haben im Oktober 2021 Modellregeln für Pillar 2 beschlossen.

Unter Pillar 2 wird in Ländern, in denen ein MNE einen effektiven Steuersatz von weniger als 15 Prozent hat, in der Regel eine Nachzahlung von Steuern erforderlich sein. Darüber hinaus muss ein von den globalen Mindeststeuerregeln betroffenes MNE komplexen Berichtserstattungsregeln folgen.

MNEs müssen den detaillierten Pillar-2 Berichterstattungsprozess unabhängig davon umsetzen, ob ihr effektiver Steuersatz voraussichtlich unter den Schwellenwert von 15 Prozent fällt oder nicht, da sie entweder die zusätzliche Steuerschuld berechnen oder darlegen müssen, dass der Anwendungsbereich hierfür nicht eröffnet ist. Die unter Pillar 2 verpflichtende Berichterstattung sowie die notwendigen Steuerberechnungen erfordern die Erhebung und Sammlung zahlreicher Daten in Bezug auf die Konzerngesellschaften.

Grundsätzlich kann jede Unternehmensgruppe, die mindestens eine Tochtergesellschaft oder eine Betriebsstätte außerhalb des Sitzlandes der Konzernmutter hat, den Regelungen von Pillar 2 unterliegen, wenn die Gruppe den Schwellenwert von 750 Mio. Euro erreicht oder überschreitet. Selbst Unternehmen mit nur einem geringen globalen Fußabdruck – also mit nur einer ausländischen Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte – können somit in den Anwendungsbereich von Pillar 2 fallen.

Zudem können auch Unternehmen betroffen sein, die nicht profitabel sind, da der Anwendungsbereich von Pillar 2 auf den Umsatz und nicht auf den Gewinn ausgerichtet ist (What multinational companies can do to prepare for BEPS Pillar 2).

Pillar 2 wird in den teilnehmenden Staaten dadurch umgesetzt, dass entsprechende Regelungen in die Steuergesetzgebung aufgenommen werden. Im Dezember 2022 verabschiedete die Europäische Union eine Richtlinie, die jedes EU-Mitgliedsland verpflichtet, bis zum 31.12.2023 ein lokales Pillar-2-Gesetz zu erlassen (Richtlinie [EU] 2022/2523 des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union). Einige Staaten haben Pillar 2 bereits in ihrem lokalen Recht umgesetzt und mehr als zwei Dutzend weitere haben entsprechende Gesetzentwürfe vorbereitet – in Deutschland hat der Bundestag Anfang November die Umsetzung der EU Minimum Tax Directive beschlossen. In weiteren Staaten kann die lokale Pillar-2-Gesetzgebung bereits ab 2024 in Kraft treten. Obwohl Pillar 2 einen gemeinsamen Katalog von Regelungen und Grundsätzen festlegt, wird es Unterschiede in der Umsetzung in den einzelnen Staaten geben (zum aktuellen Stand: The Latest on BEPS and Beyond | November 2023 edition).

Vorbereitung der Rechtsabteilung

Ein Teil der für Pillar-2-Berechnungen erforderlichen Daten unterfällt typischerweise dem Zuständigkeitsbereich der Rechtsabteilung. Details wie die Beteiligung an gruppeninternen Transaktionen (z. B. Dividendenausschüttungen, Aktienübertragungen), die Ausgabe von aktienbasierten Vergütungen oder Geschäfte mit Vermögenswerten oder Aktien von Dritten und ähnliche Transaktionen können weitere relevante Datenpunkte für Pillar 2 darstellen.

Ihr Team sollte sicherstellen, dass die notwendigen Daten und Angaben zu Tochtergesellschaften weltweit erhoben werden und auf dem neuesten Stand sind, damit eine verlässliche Grundlage für die Planungen rund um Pillar 2 rechtzeitig an die verantwortlichen Unternehmensbereiche (vor allem an die Steuerabteilung) weitergegeben werden können. Folgende Maßnahmen sollte Ihre Rechtsabteilung in Betracht ziehen, um sich auf die Umsetzung von Pillar 2 vorzubereiten.

Welche Daten zu Tochtergesellschaften sind in der Rechtsabteilung bereits verfügbar?

Folgende Daten sind wesentlich:

Grundlegende Daten zur Gesellschaft
  • Name der Gesellschaft
  • Sitz der Gesellschaft
  • steuerliche Jurisdiktion
  • Informationen zu den Eigentumsverhältnissen/Anteilseignern, einschließlich Minderheitsbeteiligungen
  • Steuer-ID-Nummer
  • oberste Muttergesellschaft und wirtschaftlicher Eigentümer
Zusätzliche Daten zur Gesellschaft
  • Änderungen in den Anteilsbesitzverhältnissen, einschließlich der Historie
  • Änderungen der Rechnungslegungsgrundsätze
  • Änderungen der funktionalen Währung
  • bestimmte Geldbußen oder Strafen
  • Daten zu Betriebsstätten
  • Status – steuerliche Transparenz und Hybridgesellschaft
Transaktionsbezogene Daten
  • Übertragungen von Vermögenswerten, Verbindlichkeiten oder Anteilen durch Dritte und konzerninterne Übertragungen, z. B. Verschmelzung, Spaltung, Betriebsübertragung, Verkauf von Vermögenswerten etc.
  • Dividenden und Gewinnausschüttungen, mit Details wie Beträgen, beteiligten Unternehmen etc.
  • andere konzerninterne Transaktionen zwischen den einzelnen Unternehmen
  • Joint-Venture-Vereinbarungen
Rechtliche Stammdaten
  • alle relevanten Daten zur Gesellschaft
  • alle Transaktionen oder Unternehmensänderungen
  • alle erforderlichen zugrunde liegenden Unternehmensdokumente

Diese Daten sollten nicht nur erfasst, sondern auch regelmäßig aktualisiert werden, um so den jeweils aktuellen Status der Gesellschaften im Blick halten zu können.

Zusätzlich zu den aktuellen Daten der Gesellschaft können auch historische Daten zur Gesellschaft für Pillar-2-Berechnungen notwendig sein. Deshalb sollte Ihre Rechtsabteilung in der Lage sein, die richtigen Daten für den richtigen Zeitraum ohne großen Aufwand zu lokalisieren.

Stehen die Daten bei der jeweiligen Tochtergesellschaft tatsächlich zur Verfügung?

Wenn Zweifel bestehen, ob Ihre Rechtsabteilung bereit für Pillar 2 ist, ist das die Gelegenheit, systematisch zu bewerten, ob die notwendigen Daten und Prozesse zu deren Erhebung und Sammlung vorhanden oder Anpassungen notwendig sind.

In diesem Zusammenhang sollten folgende Bereiche untersucht werden:

  • Gibt es eine geeignete Technologielösung für das Management von Tochtergesellschaften (derartige Entity-Management-Plattformen bieten in der Regel Datenbank-, Dokumentenablage- und weitere Funktionen)?
  • Sind effiziente Prozesse und Verfahren sowie ausreichend Ressourcen für das Sammeln, Überprüfen, Aktualisieren, Speichern und Zusammenstellen relevanter Daten der Tochtergesellschaften vorhanden? Werden die wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Dokumente in einer Weise abgelegt, dass die Rechtabteilung zentral Zugriff darauf hat?

Im Zusammenhang mit einer solchen Untersuchung werden Sie gegebenenfalls die folgenden Problemfelder identifizieren:

Verantwortlichkeit für Gesellschaftsdaten

Obwohl die Aufsicht über die gesellschaftsrechtliche Struktur und die zugehörigen Daten traditionell der Rechtsabteilung zugewiesen ist, haben andere Abteilungen wie Steuern, Finanzen oder Personal häufig ihre eigene Sicht auf die Struktur und sammeln und verwalten andere Datenpunkte.

Der Informationsfluss zwischen unterschiedlichen Unternehmensbereichen in Bezug auf Veränderungen bei den Tochtergesellschaften (seien es Geschäftsführerwechsel, Namensänderungen oder Anteilsverschiebungen) ist häufig nicht ideal bzw. führt nicht immer zu einer Aktualisierung der Stammdaten. Dies kann inkonsistente Gesellschaftsdaten zur Folge haben, sodass selbst bei Existenz einer zentralen Datenbank die dort vorgehaltenen Daten nicht immer verlässlich sind.

Es ist möglicherweise notwendig, klare Regeln bezüglich der Verantwortlichkeiten für Tochtergesellschaftsdaten aufzustellen und Prozesse für die sofortige Weitergabe und Meldung von Änderungen an der Gesellschaftsstruktur und die Aktualisierung einer zentralen Entity-Management-Plattform festzulegen, damit diese als zentrale Quelle für derartige Daten im Unternehmen dienen kann.

Zentraler oder dezentraler Ansatz in Bezug auf das Management von Tochtergesellschaften

Multinationale Unternehmen haben in der Regel einen von zwei Ansätzen zum Management von Gesellschaften: Bei einem zentralisierten Ansatz gibt es ein zentrales Team innerhalb der Rechtsabteilung der Obergesellschaft, das damit betraut ist, alle Gesellschaften zu verwalten und die Datenbank für das Management von Gesellschaften zu aktualisieren. Der jeweilige Zuständigkeitsbereich regionaler oder länderspezifischer Teams kann jedoch unterschiedlich sein.

Bei einem dezentralisierten Ansatz übernehmen die lokalen juristischen Teams in Ländern außerhalb des Hauptsitzes des MNE das Management ihrer jeweiligen lokalen Gesellschaft weitgehend unabhängig und berichten den Status der Gesellschaft bzw. Veränderungen an die Rechtsabteilung der Obergesellschaft. Zwar gibt es häufig gute Gründe für ein dezentralisiertes Modell wie gewachsene Strukturen oder ein grundsätzlich regionales/dezentralisiertes Geschäftsmodell, jedoch führt ein solcher Ansatz häufig dazu, dass die Rechtsabteilung der Obergesellschaft möglicherweise nicht auf die neuesten Daten und Dokumente Zugriff hat und somit nicht den vollen Überblick über die Konzernstruktur erhält. Dies hat in der Regel zur Folge, dass Daten und Informationen jeweils von den Tochtergesellschaften oder sogar externen Dienstleistern abgefragt werden müssen – ein zeitaufwendiger und fehleranfälliger Prozess. Diese Herausforderungen werden aufgrund der erhöhten Daten- und Dokumentationsanforderungen von Pillar 2 sicherlich noch stärker zutage treten. MNEs sollten daher ihre derzeitigen Prozess- und Verfahrensmodelle innerhalb des dezentralisierten Ansatzes überdenken bzw. in Erwägung ziehen, in ein zentralisiertes Modell für das Management von Gesellschaften zu wechseln, um einigen dieser potenziellen Probleme vorzubeugen.

Eignung der vorhandenen Datenbank für das Management der Konzernstruktur

Pillar 2 stellt eine grundlegende Änderung der Art und Weise dar, wie multinationale Unternehmen besteuert werden. Daher werden Unternehmen höchstwahrscheinlich neue Systeme und Technologien implementieren müssen, um die zahlreichen neuen Anforderungen zu bewältigen. Diese Veränderung bietet die Möglichkeit zu evaluieren, ob die derzeitige Datenbank bzw. die vorhandenen Möglichkeiten für das Management von Gesellschaften tatsächlich geeignet sind, um sie auf Pillar 2 vorzubereiten. Entity-Management-Plattformen, die derzeit verwendet werden, bringen häufig hohe Lizenzgebühren und Schulungskosten mit sich, sodass bei dieser Gelegenheit auch über eine potenziell effizientere Technologielösung nachgedacht werden sollte. Eine moderne Entity-Management-Plattform für Gesellschaften, die Pillar 2 unterliegen, sollte in der Lage sein, Veränderungen historisch zurückzuverfolgen, grafische Konzernstrukturen (Orgcharts) zu einem bestimmten Zeitpunkt zu generieren und Daten mit anderen Plattformen und steuerlichen Technologielösungen auszutauschen.

Unvollständige Daten und Abhilfemaßnahmen

Falls Ihre interne Bewertung bestehende Governance-Probleme identifiziert oder wenn Sie anderweitig Zweifel an der Datenqualität für bestimmte Gesellschaften haben, sollten Sie jetzt handeln, bevor Pillar 2 wirksam wird.

Typische Schritte umfassen die Verifizierung der vorhandenen Daten relevanter Gesellschaften durch einen Vergleich mit den Daten in öffentlichen (Handels-)Registern, die Identifizierung und Implementierung von Abhilfemaßnahmen sowie die Aktualisierung der Datenbank für das Management von Gesellschaften – oder den Umstieg auf eine geeignetere Entity-Management-Plattform –, um eine einheitliche, für alle relevanten Funktionen im Unternehmen zugängliche Datenbasis gewährleisten zu können.

Personalherausforderungen

Neben der Frage nach Technologielösungen und den für die Datensammlung erforderlichen Prozessen sollte die Arbeitsbelastung der eingesetzten Teams nicht außer Acht gelassen werden. Schon ohne die zusätzlichen Anforderungen durch Pillar 2 ist der Zeitaufwand für die involvierten Mitarbeitenden hoch – Zeit, die wahrscheinlich in sinnstiftendere Aufgaben investiert werden sollte als in das Management von Daten. Wenn Sie Ihre derzeitigen Personalbedürfnisse bewerten, sollten Sie einige Fragen berücksichtigen, beispielsweise die folgenden:

  • Hat Ihr aktuelles Team genügend Kapazitäten, um sich um die zusätzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit Pillar 2 zu kümmern?
  • Wird zusätzliche Unterstützung in Ihrer Rechtsabteilung benötigt?
  • Wie können Teams entlastet werden, um sich auf strategischere Arbeitsbereiche, M&A-Aktivitäten und Übernahmen, Transaktionsunterstützung usw. zu konzentrieren?

Vorbereitung auf mögliche konzerninterne Umstrukturierungen

Als Reaktion auf die Regelungen aus Pillar 2 könnten Umstrukturierungsmaßnahmen nötig werden, d. h., die aktuelle Konzernstruktur muss auf den Prüfstand gestellt werden. Eine solches Projekt wird zwangsläufig weitere Kapazitäten der Rechtsabteilung binden.

Auch hierfür sind der einfache Zugriff auf Gesellschaftsdaten und ­dokumente sowie die Dokumentation historischer Veränderungen, die Sie durch eine Anpassung der bisherigen Herangehensweise an das Management von Tochtergesellschaften gewinnen, hilfreich.

Zum guten Schluss ein kurzer Sprachkurs

Im Rahmen des BEPS-2.0-Projekts sind mehrere neue Begriffe in den Steuerjargon aufgenommen worden. Einige gängige Begriffe, die Ihr Team kennen sollte, sind die folgenden:

  • CbCR: Country-by-Country Reporting
  • Constituent entity: (niedrigesteuerte) Tochtergesellschaften oder Betriebstätten eines MNE
  • GloBE rules: Global Anti-Base Erosion
  • IIR: Income Inclusion Rule (Ausweitung der nationalen Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung)
  • QDMTT: Qualified Somestic Minimum Top-up Tax (nationale Ergänzungssteuer)
  • UTPR: Under-taxed Profits Rule (Begrenzung bzw. Verbot des Betriebsausgabenabzugs, wenn ein effektives Mindestbesteuerungsniveau unterschritten wird)

Kontaktpersonen: Jan Schulz, Daniel Robyn, Neele Bartels