Menschen in Planungsstudio

Neue EU-Schwellenwerte für europaweite Vergaben


Wollen öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber Beschaffungen tätigen, müssen sie sich an die vergaberechtlichen Vorgaben halten und bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte ein europaweites Vergabeverfahren durchführen.

Die Europäische Kommission hat nun neue Schwellenwerte für europaweite Vergaben für die Jahre 2024/2025 veröffentlicht. Am 15.11.2023 hat die Europäische Kommission die entsprechenden Verordnungen 2023/2495, 2023/2496 und 2023/2497 erlassen. Die Schwellenwerte werden von der Europäischen Kommission alle zwei Jahre überprüft und erforderlichenfalls neu festgelegt. Die nunmehr ab dem 01.01.2024 für zwei Jahre geltenden Schwellenwerte wurden im Vergleich zu den bis zum 31.12.2023 geltenden Schwellenwerten leicht angehoben.

Neue EU-Schwellenwerte

Für Bauaufträge:

  • Für alle Auftraggeber: 5.538.000 Euro (statt bisher 5.382.000 Euro)

Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge:

  • Für oberste und obere Bundesbehörden: 143.000 Euro (statt bisher 140.000 Euro)
  • Für alle übrigen öffentlichen Auftraggeber: 221.000 Euro (statt bisher 215.000 Euro)
  • Für Sektorenauftraggeber: 443.000 Euro (statt bisher 431.000 Euro)

Für Konzessionen:

  • Für alle Auftraggeber: 5.538.000 Euro (statt bisher 5.382.000 Euro)

Bei den Schwellenwerten handelt es sich um Nettowerte ohne Umsatzsteuer. Sie sind – ohne weiteren Umsetzungsakt des deutschen Gesetzgebers – ab dem 01.01.2024 anwendbar.

Ermittlung des Auftragswerts

Für die Frage, ob der jeweilige Schwellenwert erreicht oder überschritten wird, kommt es auf den geschätzten Auftragswert des Beschaffungsvorhabens an. Ausgangspunkt der Schätzung ist der voraussichtliche maximale Nettogesamtbetrag für die vorgesehene Leistung. Etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen, vorgesehene Prämien oder Zahlungen sowie gegebenenfalls zulässige Zahlungen für Eventual- oder Bedarfspositionen sind ebenfalls zu berücksichtigen.

 

Relevanz

Entscheidend sind die Schwellenwerte für öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber – darunter fallen unter Umständen auch private Unternehmen, die in den Bereichen Energie, Wasser und Verkehr tätig sind – für die Frage, wie die Beschaffungsvorhaben auszuschreiben sind. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Auftragswert den einschlägigen Schwellenwert, ist die Vergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt zu machen und das – im Gegensatz zum nationalen Vergaberecht – komplexere Regelwerk des Kartellvergaberechts anzuwenden.

Aber auch für Unternehmen, die sich an Vergabeverfahren beteiligen, hat die Höhe der Schwellenwerte insoweit Relevanz, als europaweit ausgeschriebene Vergabeverfahren vor den zuständigen Vergabenachprüfungskammern und den Beschwerdegerichten angegriffen werden können. Unternehmen können insoweit die Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften in erster Instanz in einem gerichtsähnlichen und in zweiter Instanz in einem gerichtlichen Verfahren geltend machen und beispielsweise eine Zurückversetzung oder eine Aufhebung des Vergabeverfahrens erreichen. Im Unterschwellenbereich steht Unternehmen in den meisten Bundesländern hingegen nur die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf dem Zivilrechtsweg offen.

Kontaktpersonen: Sandra StrickerDr. Oliver Wittig