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Neue Regulierung durch das Kreditzweitmarktgesetz


Mit dem Gesetzentwurf zur Förderung geordneter Zweitmärkte für Kredite will die Bundesregierung den Abbau notleidender Kredite in den Bankbilanzen erleichtern und den Verbraucherschutz stärken. Was bedeutet das für die Akteure auf dem Markt für notleidende Kredite?

Auf einen Blick

  • Der Gesetzentwurf zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer und zur Änderung weiterer finanzrechtlicher Bestimmungen (Kreditzweitmarktförderungsgesetz) wurde veröffentlicht.
  • Kernstück der Neuregulierung ist das Kreditzweitmarktgesetz (KrZwMG-E), das detaillierte Pflichten für Käufer und Verkäufer notleidender Kredite (Non Performing Loans, kurz NPL) und für Gesellschaften festlegt, die in den Kreditabwicklungs- und Verwaltungsprozess eingebunden werden (sogenanntes Servicing). Der Anwendungsbereich des KrZwMG-E ist nur eröffnet, soweit es um notleidende Kredite von Banken an Verbraucher oder an Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen geht und diese nach dem 29.12.2023 veräußert werden.
  • Kreditdienstleistungsinstitute unterfallen künftig der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und benötigen eine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb.
  • Mit der Umsetzung der Richtlinie eröffnet sich die Möglichkeit der Zentralisierung von Servicing-Aktivitäten im europäischen Binnenmarkt durch das EU-Passporting.
  • Am 09.11.2023 wurde der entsprechende Gesetzentwurf in erster Lesung vom Bundestag beraten. Der Bundesrat hat am 24.11.2023 zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Derzeit befindet sich der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung im Finanzausschuss. Die nächste Abstimmung im Bundestag über den Gesetzentwurf ist für den 15.12.2023 angesetzt.

Was bedeutet „Kreditzweitmarkt für notleidende Kredite“?

Ein Kredit ist insbesondere dann notleidend, wenn der Schuldner mehr als 90 Tage in Verzug ist. Auf dem Kreditzweitmarkt veräußern Banken ihre NPL-Kreditportfolios an andere Banken, spezialisierte Unternehmen oder Investoren. Die Käufer von notleidenden Krediten unterliegen im Regelfall keiner Aufsicht, was auch durch das neue Gesetz nicht geändert werden soll. Der Gesetzentwurf sieht jedoch vor, dass Kreditkäufer künftig verpflichtet werden, einen Kreditdienstleister mit dem Servicing der notleidenden Kredite zu beauftragen, soweit sie diese Leistung nicht selbst erbringen dürfen.

Notleidende Kredite als Gegenstand von Transaktionsgeschäften

Im ersten Quartal des Jahres 2023 wurden allein in Deutschland Kredite in Höhe von ca. 30 Mrd. Euro als notleidend eingestuft. NPL-Portfolio-Transaktionen bieten die Chance, dass Banken ihre Risiken aus den Kreditbüchern transferieren. Hierfür sollte dieser Sekundärmarkt möglichst effizient funktionieren. EY führt regelmäßig Umfragen im Bankensektor zur Erwartung der Entwicklung des NPL-Marktes durch (Wie die angespannte Lage am Kreditmarkt auf das Neugeschäft drückt). Zuletzt zeichneten sich hohe NPL-Bestände ab, wobei jedoch eine Zurückhaltung für neue NPL-Transaktionen im Markt erkennbar ist.

Wer ist durch die Neuregulierung betroffen?

Betroffen von den neuen Regelungen sind in erster Linie Unternehmen, die im Bereich des NPL-Servicing tätig sind. Darüber hinaus betrifft das Gesetz aber auch Kreditinstitute als Verkäufer, Kreditankäufer, Auslagerungsunternehmen im Kreditdienstleistungsbereich und Inhaber von bedeutenden Beteiligungen an Kreditdienstleistungsinstituten.
Hervorzuheben sind die Verhaltens- und Informationspflichten gegenüber Kreditnehmern (Verbrauchern), die von Kreditkäufern und Kreditdienstleistern zu erfüllen sind. Aber auch die Verkäufer notleidender Kredite werden Melde- und Informationspflichten vor und nach dem Verkauf unterworfen.

Kreditdienstleistungen

Der Gesetzentwurf enthält eine umfangreiche Definition, was als Kreditdienstleistung zu verstehen ist:

  • das Einziehen und die Durchsetzung fälliger Zahlungs- und anderer Ansprüche des Kreditgebers aus dem Kreditvertrag
  • die Neuverhandlung von Rechten und Pflichten oder sonstigen wesentlichen Bedingungen aus einem notleidenden Kreditvertrag entsprechend den Anweisungen des Kreditkäufers
  • die Bearbeitung von Beschwerden im Zusammenhang mit einem notleidenden Kreditvertrag
  • die Unterrichtung des Kreditnehmers über Änderungen der Zinssätze, Belastungen oder fällige Zahlungen im Zusammenhang mit einem notleidenden Kreditvertrag

Abgrenzung zur Inkassodienstleistung (Rechtsdienstleistung nach dem RDG)

Die Einziehung fremder Forderungen ist eine Rechtsdienstleistung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Aus diesem Grund war bisher bei NPL-Transaktionen an eine Registrierung als Inkassodienstleister zu denken, wenn Dritte für den Käufer das Servicing übernehmen.
Die Inkassodienstleistung nach dem RDG überschneidet sich mit der oben dargestellten Definition der Kreditdienstleistung nach dem KrZwMG-E. Beide Regulierungen haben die Einziehung fremder fälliger Forderungen zum Gegenstand. Kreditdienstleister werden von der weiteren Regulierung nach dem RDG – insbesondere der Registrierungspflicht – weitestgehend befreit. Dies gilt jedoch nur für Inkassodienstleistungen für Käufer notleidender Kredite nach dem KrZwMG-E. Inkassodienstleistungen, die nicht dem KrZwMG-E unterfallen, erfordern auch weiterhin eine „Inkassolizenz“ nach dem RDG. Somit kann es zu Fällen doppelter Beaufsichtigung kommen.

Unterschiedliche Zuständigkeiten

Die Zuständigkeit nach dem KrZwMG-E soll zukünftig bei der BaFin liegen, die u. a. auch die Aufsicht über Kreditinstitute und Finanzdienstleister ausübt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KrZwMG-E). Bei Inkassodienstleistungsunternehmen nach dem RDG liegt momentan noch eine Zersplitterung der Zuständigkeit je nach Bundesland im Rahmen der Judikative vor, wobei eine Überführung der Zuständigkeit zum Bundesamt für Justiz ab 2025 bereits mit dem Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen beschlossen wurde. Im Ergebnis verbleibt dann jedoch eine zweigeteilte behördliche Zuständigkeit. Dies ist einer der wesentlichen Kritikpunkte im laufenden Gesetzgebungsverfahren. Hieran ändert es auch nichts, dass das KrZwMG-E vorsieht, dass beide Behörden auf eine widerspruchsfreie Aufsichtspraxis hinwirken sollen, soweit für die Tätigkeiten vergleichbare gesetzliche Anforderungen gelten.

Das neue Erlaubnisverfahren für Kreditdienstleistungsinstitute

Die Erbringung von Kreditdienstleistungen im Inland erfordert zukünftig eine BaFin-Erlaubnis. Ausgenommen werden u. a. Kreditinstitute. Es handelt sich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Für ein Handeln ohne Erlaubnis drohen strafrechtliche Sanktionen (bis fünf Jahre Freiheitsstrafe bei Vorsatz, § 44 KrZwMG-E) sowie verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie das Naming and Shaming (vgl. § 42 Abs. 2 KrZwMG-E).

Das Erlaubnisverfahren ist in § 10 KrZwMG-E geregelt und ähnelt in Aufbau und Anforderungen den Erlaubnisverfahren anderer Finanzaufsichtsgesetze (z. B. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, § 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG, § 15 Abs. 1 WpIG). Um eine Erlaubnis zu erhalten, müssen umfangreiche Unterlagen eingereicht werden. Dazu gehören neben Nachweisen über die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung ein tragfähiger Geschäftsplan, aus dem die Art der geplanten Geschäfte, die organisatorische Struktur des Kreditdienstleistungsinstituts und die zur Beurteilung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation erforderlichen Angaben einschließlich der Organisationspflichten und der vorgesehenen internen Kontrollverfahren hervorgehen müssen. Nähere Einzelheiten zum Umfang der einzureichenden Unterlagen sollen von der BaFin noch kurzfristig auf ihrer Internetseite bekannt gegeben werden. Dazu zählen etwa Merkblätter, Checklisten und eine Liste von Frequently Asked Questions, wie es auch bei anderen Neuregulierungen bereits der Fall ist.

Vorteilhaft für die Erlaubnisantragsteller ist, dass das Erlaubnisverfahren im Vergleich zu anderen Verfahren in zeitlicher Hinsicht enge Vorgaben enthält. Der Gesetzentwurf sieht auch Übergangslösungen vor. So werden nur solche NPL-Käufe berücksichtigt, die nach dem 29.12.2023 erfolgen. Zudem ergeben sich Erleichterungen für Unternehmen, die bereits vor Inkrafttreten des KrZwMG-E Kreditdienstleistungen erbracht haben.

Vorteil für grenzüberschreitende Dienstleister (EU-Passporting)

Kreditdienstleistungsinstitute können Kreditdienstleistungen künftig im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs oder im Wege der Niederlassungsfreiheit mit einer Erlaubnis nach vorheriger Notifizierung in allen EU-/EWR-Staaten nach dem Prinzip der einmaligen Erlaubnis erbringen (EU-Passporting nach §§ 23 ff. KrZwMG-E). Dadurch kann ein grenzüberschreitender Markt geschaffen werden, der die Verwaltungskosten der Unternehmen reduziert. Diese Kosten haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass Akteure nur in einer begrenzten Zahl von Mitgliedstaaten tätig waren, sodass der Wettbewerb im Binnenmarkt wegen der nach wie vor geringen Zahl interessierter Kreditkäufer nur schwach ausgeprägt ist. Diese neue Möglichkeit stellt einen wesentlichen Vorteil für Erlaubnisträger dar.

 

Ausblick

Das KrZwMG-E wird weitreichende Auswirkungen auf alle Akteure des NPL-Marktes haben. Im Zentrum der Änderungen stehen die Kreditdienstleister, deren Tätigkeit grundsätzlich einer neuen Erlaubnispflicht unterliegt. Aufgrund kurzfristiger Übergangsbestimmungen muss bei einer zukünftigen Erlaubnispflicht ein Erlaubnisantrag schnellstmöglich vorbereitet werden.
Alle Akteure (u. a. Kreditverkäufer, Kreditkäufer, Auslagerungsunternehmen und Kreditdienstleister) sollten frühzeitig ihre Compliance-Prozesse überprüfen und sicherstellen, dass ein zukünftiges NPL-Portfolio auch ordnungsgemäß abgewickelt werden kann. Dies müssen die Parteien laufender NPL-Transaktionen bereits jetzt berücksichtigen, sollte der Erwerb nach dem 29.12.2023 stattfinden.

Kontaktpersonen: Ansgar BeckerRobert JungLaura Heinisch