Hintergrund
Die Arbeitnehmerüberlassung ist ein weitverbreitetes Modell, das von zahlreichen Unternehmen in Deutschland intensiv genutzt wird. Viele Anbieter wie Zeitarbeitsfirmen oder sog. Employers of Record (EoR) bieten ihre Dienstleistungen in einem internationalen Kontext an. Interessant ist dies u. a. für deutsche Unternehmen, die im Ausland einen Geschäftsbereich mit Arbeitnehmern aufbauen wollen, aber noch nicht über eine ausländische Präsenz bzw. nicht über ausreichend Erfahrung in der Beschäftigung von Arbeitnehmern im Ausland verfügen. Dann kommt häufig ein „Dreiecksverhältnis“ zur Anwendung: Der im Ausland ansässige formale Arbeitgeber (Verleiher) überlässt einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber (Entleiher) seine Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung im Ausland. Zwischen Verleiher und Entleiher wird ein „Servicevertrag“ bzw. „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“ geschlossen, während zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer kein Arbeitsvertrag besteht.
Gemäß § 1 Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) bedürfen Verleiher für die Überlassung von Leiharbeitnehmern grundsätzlich einer Erlaubnis. Das AÜG beruht auf dem Territorialitätsprinzip und findet nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Anwendung. Nach der alten fachlichen Weisung der BfA war daher dessen Anwendbarkeit für Auslandssachverhalte, insbesondere was die Notwendigkeit einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis betrifft, fraglich. Das AÜG sollte dann nicht zur Anwendung kommen, wenn der Leiharbeitnehmer im Ausland war und dort seine Arbeitsleistung erbracht hat. Dabei war unerheblich, dass der Entleiher in der Bundesrepublik Deutschland ansässig war, da die Erbringung der Arbeitstätigkeit ausschließlich im Ausland stattfand.
Neue fachliche Weisung der BfA
Im Oktober dieses Jahres hat die BfA eine neue fachliche Weisung zur Umsetzung und Anwendung des AÜG veröffentlicht, die seit dem 15.10.2024 gültig ist. § 1 Ziffer 1.1.1 Abs. 3 der Weisung besagt: „Um den Schutz des Teilarbeitsmarkts Arbeitnehmerüberlassung zu wahren, kann bei Arbeitsleistungen, die ortsunabhängig ausschließlich im homeoffice bzw. als ausschließliche Telearbeit erbracht werden, nicht allein darauf abgestellt werden, wo sich der Leiharbeitnehmer rein körperlich befindet. Erlaubnisrechtlich ist entscheidend, ob die Überlassung Inlandsbezug aufweist. Das ist bei ortsunabhängigen Arbeitsleistungen regelmäßig der Fall, wenn die Überlassung vom Inland aus erfolgt oder der Leiharbeitnehmer virtuell für einen inländischen Entleiher tätig wird.“
Demnach soll das AÜG zur Anwendung kommen, wenn der Verleih hinreichenden Inlandsbezug zu Deutschland aufweist. Dies soll nicht nur der Fall sein, wenn die Arbeitsleistung in Deutschland erbracht wird, sondern nunmehr auch bei ortsunabhängigen Arbeitsleistungen, wenn der Leiharbeitnehmer zwar aus dem Ausland, aber für einen in Deutschland ansässigen Entleiher tätig wird. Dies bedeutet, dass die Überlassung eines Arbeitnehmers, der ausschließlich im Ausland tätig wird und lediglich virtuell in ein inländisches Unternehmen eingegliedert ist, auch unter den Anwendungsbereich des AÜG fällt. Für Verleiher wie Zeitarbeitsfirmen und EoR bedeutet dies, dass nunmehr eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis auch in solchen Fällen erforderlich ist.
Verfügt der Verleiher nicht über eine entsprechende Erlaubnis, liegt eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vor. Dies hat für das in Deutschland ansässige Entleiher-Unternehmen gravierende Konsequenzen, die von einer Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen von bis zu 30.000 Euro bis hin zu strafrechtlichen Verfolgungen reichen können.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die fachliche Weisung der BfA zwar detaillierte Regelungen zur Überlassung von Arbeitnehmern enthält, jedoch keine rechtliche Wirkung im Sinne eines Gesetzes entfaltet. Vielmehr handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die von den Arbeitsagenturen bei der Entscheidung über entsprechende Sachverhalte herangezogen wird. Eine letztverbindliche Entscheidung ist erst mit einer gerichtlichen Klärung des Anwendungsbereichs des AÜG auf Auslandssachverhalte zu erwarten.