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Unternehmerische Tätigkeiten in Polen: ein Leitfaden für deutsche Unternehmen

Polen erweist sich als wichtiger Abnehmer für deutsche Exporte und hat China überholt. In der ersten Jahreshälfte 2024 wurden Waren im Wert von 48,4 Mrd. Euro – darunter Autos, Maschinen und Chemikalien – von Deutschland nach Polen exportiert, wie die Daten des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft zeigen. Im Vergleich dazu sanken die Exporte nach China laut Reuters um 3 Prozent auf 48,2 Mrd. Euro. Damit ist Polen nun vor China der viertwichtigste Absatzmarkt für die deutsche Exportindustrie. In unserem Beitrag fassen wir wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Registrierung wirtschaftlicher Tätigkeiten deutscher Unternehmen in Polen für Sie zusammen. 

Unternehmerische Tätigkeit in Polen

Deutsche Unternehmen führen ihre Geschäftstätigkeit in Polen auf der Grundlage des Prinzips der freien wirtschaftlichen Betätigung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) aus. Häufig besteht jedoch Unklarheit darüber, dass bestimmte Registrierungspflichten gelten. Deren Missachtung kann rechtliche Konsequenzen haben, etwa Geld- oder Freiheitsstrafen oder auch das Verbot der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen.  

Gemäß Art. 3 des polnischen Unternehmergesetzes wird unter unternehmerischer Tätigkeit eine organisierte und gewinnorientierte Tätigkeit verstanden, die im eigenen Namen und auf Dauer ausgeübt wird. Allerdings ist nicht jede gewinnbringende Tätigkeit in Polen automatisch eine unternehmerische Tätigkeit – insbesondere wenn sie nicht organisiert und nur gelegentlich ausgeübt wird. Entsprechend muss festgestellt werden, ob die von einer ausländischen juristischen Person ausgeübte Tätigkeit dieser gesetzlichen Definition entspricht und alle genannten Merkmale aufweist.

Es gibt zusätzliche Auslegungskriterien, die zur Bestimmung des Vorliegens einer unternehmerischen Tätigkeit herangezogen werden können: das Vorhandensein eigener finanzieller Mittel zur Durchführung der Geschäftstätigkeit, die Nutzung von Räumlichkeiten zu diesem Zweck oder die Beschäftigung von Mitarbeitenden.  

Erfüllt die Tätigkeit ausländischer Unternehmer diese Kriterien, sind sie gemäß Art. 17 des polnischen Unternehmergesetzes regelmäßig verpflichtet, ihre Tätigkeiten im Unternehmerregister des polnischen Handelsregisters („KRS“; im Falle einer Handelsgesellschaft) oder im polnischen Zentralregister für Informationen über wirtschaftliche Tätigkeiten („CEIDG“; im Falle natürlicher Personen) zu registrieren.

Ausnahme: Erbringung von Dienstleistungen 

Bei der Erbringung von Dienstleistungen gilt hingegen eine Ausnahme von der allgemein geltenden Registrierungspflicht, die jedoch nur für Unternehmer aus EWR-Ländern greift. Im Unterschied zur Durchführung von Geschäftstätigkeiten ist die Erbringung von Dienstleistungen nur von vorübergehender Natur. Solange die Erbringung von wiederkehrenden Dienstleistungen nicht als dauerhaft angesehen werden kann, wird sie nicht als Geschäftstätigkeit betrachtet. 

Allerdings muss festgehalten werden, dass für Dienstleistungen zwar keine Registrierungspflicht im KRS oder im CEIDG notwendig sein mag, andere gesetzliche Bestimmungen jedoch zusätzliche Anforderungen an deutsche Unternehmen in Polen stellen können, die Dienstleistungen im Einklang mit dem freien Waren-, Kapital- und Personenverkehr innerhalb des EWR erbringen (vgl. Art. 5 Abs. 1 des polnischen Unternehmergesetzes). Dazu könnten etwa die Einholung einer bestimmten Erlaubnis oder die Mitgliedschaft in einer branchenbezogenen Vereinigung gehören. 

Exklusive Rechtsformen für ausländische Unternehmen

Deutschen Unternehmen stehen für ihre Geschäftstätigkeit in Polen dieselben Rechtsformen zur Verfügung wie auch polnischen Unternehmen. Dazu gehören Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften sowie weitere Gesellschaftsformen (z. B. Genossenschaften). Daneben gibt es zwei weitere Rechtsformen, die ausschließlich ausländischen Unternehmen vorbehalten sind: 

  • Betriebsstätte
  • Zweigniederlassung ausländischer Unternehmen 

Beide Formen der Geschäftstätigkeit sind registrierungspflichtig: Zweigniederlassungen beim Unternehmerregister des nationalen Gerichtsregisters, Betriebsstätten beim Wirtschaftsministerium.

Der überschaubare Registrierungsprozess und die Möglichkeit einer vereinfachten Liquidation sind oft die Hauptargumente für die Wahl dieser Rechtsformen durch deutsche Unternehmen, die eine Geschäftstätigkeit in Polen etablieren wollen. Aus langjähriger Erfahrung wissen wir jedoch, dass diese Rechtsformen häufig nachteilig sein können: Sie haben keine eigene Rechtspersönlichkeit und unterliegen gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Arten der erlaubten Geschäftstätigkeiten, insbesondere wenn es sich um eine Betriebstätte handelt. Im Falle einer Betriebsstätte ist es lediglich erlaubt, Werbung und im weitesten Sinne verkaufsfördernde Tätigkeiten für deutsche Unternehmen zu betreiben. Eine Zweigniederlassung eines deutschen Unternehmens in Polen darf nur in den Bereichen tätig sein, in denen bereits das deutsche Unternehmen, das durch die Zweigniederlassung vertreten wird, in Deutschland eine Geschäftstätigkeit ausübt.  

Mögliche Unklarheiten bei der Registrierungspflicht 

Erfahrungen aus unserer Rechtsberatung für deutsche Unternehmen mit wachsenden Ambitionen in Polen zeigen, dass in der Praxis häufig nicht ohne Weiteres klar ist, ob deutsche Unternehmen, die in Polen wiederkehrende Dienstleistungen anbieten, einer registrierungspflichtigen Geschäftstätigkeit unterfallen oder lediglich eine registrierungsfreie Dienstleistung ausüben. Eine klare Definition zur Abgrenzung findet sich weder im polnischen Recht noch im Recht der Europäischen Union. Die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union können nur als „Hilfsmittel“ in Fällen herangezogen werden, die die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und die Erbringung von Dienstleistungen betreffen. 

Hinzu kommen inkongruente steuerliche und rechtliche Anforderungen an Unternehmer. Es herrschen unterschiedliche Voraussetzungen für die Eintragung einer in Polen ausgeübten Geschäftstätigkeit im Sinne einer Eintragung in das entsprechende Register (KRS oder CEIDG) und wiederum unterschiedliche Voraussetzungen für die Eintragung für steuerliche Zwecke (die sogenannte Betriebsstätte für die Zwecke der Körperschaftsteuer oder eine Niederlassung für die Zwecke der Mehrwertsteuer).

Es kommt häufig vor, dass ausländische Unternehmen eine steuerliche Registrierung im Zusammenhang mit der in Polen ausgeübten Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt vornehmen, die Niederlassung aber nicht in Form einer Gesellschaft im KRS oder als Einzelunternehmen im CEIDG registrieren (die Zuweisung einer Steuernummer erfolgt andernfalls durch eine Anmeldung über KRS oder CEIDG automatisch). Dies ist in der Regel bei Unternehmen aus dem EWR der Fall, die davon überzeugt sind, dass sie in den Genuss des freien Waren-, Kapital- und Personenverkehrs kommen und daher nicht der Pflicht unterliegen, ihr Unternehmen zusätzlich in Polen zu gründen und zu registrieren. Es kann also festgehalten werden, dass die Verpflichtung zur Registrierung von Steuerpflichtigen nach den Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes und des Mehrwertsteuergesetzes unabhängig von der Verpflichtung zur Registrierung ausländischer Unternehmen im KRS oder im CEIDG besteht.  

Erfüllen ausländische Unternehmen insofern die Kriterien für die Einstufung als Niederlassung in Polen oder als Betriebsstätte, könnte auch davon ausgegangen werden, dass sie eine organisierte und auf Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.

Daher empfiehlt es sich, vorab nachfolgende Abgrenzungskriterien zu prüfen, ob eine Registrierungspflicht im KRS oder im CEIDG überhaupt von vornherein bestehen kann.  

  • Handelt es sich um eine vorübergehende Tätigkeit (Erbringung von Dienstleistungen) oder wird sie mit der Absicht einer dauerhaften Präsenz in Polen ausgeübt?
  • Welches Ausmaß an Organisation ist mit der Tätigkeit verbunden?  
  • Wie manifestiert sich diese Tätigkeit in Polen (z. B. Anmietung eines Büros, Beschäftigung von Mitarbeitenden, Erwerb von Vermögenswerten zur Durchführung der Geschäftstätigkeit, Abschluss von Verträgen in Polen, Verkauf von Produkten usw.)?

Sanktionen bei Nichteinhaltung der Registrierungspflicht 

Das Nichteinhalten der Registrierungspflicht durch Unternehmen, die dieser Verpflichtung unterliegen, kann zu Sanktionen in Form von Geld- oder Freiheitsstrafen (für die Unternehmen oder die Gesellschafter einer Personengesellschaft) führen. Sofern deutsche Unternehmen verpflichtet gewesen wären, weitere formale Voraussetzungen (z. B. eine Konzession, eine Genehmigung oder eine Registrierung im Register der regulierten Tätigkeiten) zu erfüllen, kann die Nichteinhaltung dieser Pflichten zu zusätzlichen Sanktionen führen, die in den einschlägigen Gesetzen festgelegt sind. 

Die Nichteinhaltung der Eintragungs- bzw. Registrierungspflicht einer Unternehmenstätigkeit in Polen, etwa in Form einer Gesellschaft oder einer Zweigniederlassung, kann z. B. auch zum Ausschluss von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen oder zur Verweigerung von Subventionen führen.  

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass jedes Unternehmen eine gewünschte Geschäftstätigkeit bzw. Expansion aus Deutschland auf den polnischen Markt auf eine mögliche Registrierungspflicht prüfen sollte. 

Streben deutsche Unternehmen eine Erweiterung ihrer Geschäftstätigkeit nach Polen an, steht ihnen unser deutsch-polnisches EY Law Desk als grenzüberschreitender Berater und Wegbegleiter auf dem Weg auf den polnischen Markt zur Verfügung. Unser International Desk bietet umfassende Unterstützung durch grenzüberschreitende Koordination auf der Basis eines rechtsbereichsübergreifenden, multidisziplinären Fachteams, um sicherzustellen, dass Unternehmen die Herausforderungen der internationalen Expansion souverän meistern. Durch fundierte Expertise in den deutschen und polnischen Märkten unterstützt das International Desk Unternehmen dabei, Geschäftsmöglichkeiten zu identifizieren, regulatorische Anforderungen zu verstehen und erfolgreiche Geschäftsaktivitäten in Polen aufzubauen. 

Kontaktpersonen: Georg Nikokiris, Piotr Podsiadło