Briefe werden aus dem Briefkasten geholt

Update Gesetzgebung - Postrechtsmodernisierungsgesetz im Überblick: Augen auf bei Zustellungen

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Postwesens, auch Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG) genannt, wird das aus den 1990er-Jahren stammende Postgesetz dem Trend zu rückläufigen Briefsendungen angepasst. Zentrales Anliegen ist die Sicherstellung einer flächendeckenden, angemessenen und umfassenden Bereitstellung von Postdiensten, die den Anforderungen einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft gerecht werden. Einen Überblick über die Auswirkungen finden Sie in diesem Beitrag.

Eckpunkte der Postreform

Am 20.12.2023 hat die Bundesregierung den Entwurf des PostModG beschlossen. Nach der Zustimmung durch Bundestag und Bundesrat wurde das Gesetz am 18.07.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist schließlich zu weiten Teilen am 19.07.2024 in Kraft getreten.

Ziel des Gesetzes ist es, auch zukünftig eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen zu sichern, fairen Wettbewerb zu fördern, angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen und Anreize für einen ökologisch nachhaltigen Postsektor zu bieten.

Verlängerung der Zustellfiktion bei Briefsendungen

Ein zentraler Bestandteil des Gesetzes ist die Flexibilisierung der Laufzeiten für Briefsendungen: Infolge der voranschreitenden Digitalisierung ist ab 2025 eine Verlängerung der Zustellungszeiten für Briefsendungen vorgesehen, die von derzeit einem bis zwei Tagen auf drei bis vier Tage ansteigen werden. So müssen künftig 95 Prozent aller Briefe innerhalb von drei Werktagen und 99 Prozent innerhalb von vier Werktagen zugestellt werden.

Dies hat zur Folge, dass auch die gesetzliche Vermutung der Bekanntgabe von Verwaltungsakten (Zustellfiktion) von drei auf vier Tage verlängert wird. Vor diesem Hintergrund werden mit Wirkung zum 01.01.2025 zahlreiche Gesetze angepasst, die bislang eine dreitägige Zustellungsfiktion vorsehen. Dazu zählen insbesondere die Abgabenordnung (AO), das Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG), das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), die Zivilprozessordnung (ZPO) und die Insolvenzordnung (InsO).

Auswirkungen auf Rechtsbehelfsverfahren

In Rechtsbehelfsverfahren (Einspruch, Widerspruch) gegenüber dem Finanzamt oder anderen Behörden oder Gerichten ist das Zustelldatum einer Briefsendung regelmäßig für die Einhaltung der vorgesehenen Rechtsbehelfsfristen maßgeblich.

So ist zum Beispiel ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid binnen eines Monats ab dessen Bekanntgabe einzulegen. Derzeit besagt die Zustellfiktion der AO, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, also ein Steuerbescheid, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt. Im Zuge des PostModG wird diese Zustellfiktion ab dem 01.01.2025 auf vier Tage verlängert, wobei es keine Rolle spielt, ob der vierte Tag auf einen Werktag, ein Wochenende oder einen Feiertag fällt. Die Einspruchsfrist endet dann einen Monat nach diesem Tag. Sofern das so ermittelte Fristende auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fällt, verschiebt sich der Fristablauf nach § 108 Abs. 3 AO so wie bei der bisherigen Dreitagesfrist auf den Ablauf des darauf folgenden Werktags. Nach dem ursprünglichen Regierungsentwurf sollte zukünftig auch die Bekanntgabe eines Steuerbescheids an einem Samstag möglich sein. Diese Regelung hat der Bundestag jedoch nicht übernommen.

Beispiel: Ein Steuerbescheid geht an einem Dienstag (04.03.2025) zur Post. Der vierte Tag wäre ein Samstag (08.03.2025). Der Bescheid gilt gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO i. V. m. § 108 Abs. 3 AO erst am Montag der darauf folgenden Woche (10.03.2025) als bekannt gegeben. Die Einspruchsfrist endet mit Ablauf des 10.04.2025.

§ 122a AO wird ebenfalls angepasst, sodass die Viertagefrist auch für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch Datenabruf (elektronische Übermittlung) gilt. Die Frist für die elektronische Übermittlung an Beteiligte außerhalb der EU wird in § 123 AO gleichermaßen von drei auf vier Tage verlängert.

Aushändigung an Ersatzempfänger bei Unzustellbarkeit einer Briefsendung

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch eine Neuregelung im Postgesetz (PostG) zur Ersatzzustellung (Art. 1 PostModG): Bei Unzustellbarkeit einer Briefsendung ist diese „nach Möglichkeit einem Ersatzempfänger auszuhändigen, soweit keine gegenteilige Weisung des Absenders oder des Empfängers vorliegt“ (§ 12 Abs. 1 PostG). Ersatzempfänger kann „eine in den Räumen des Empfängers einer Postsendung anwesende Person sowie ein unmittelbarer Nachbar des Empfängers einer Postsendung“ sein (§ 3 Nr. 9 PostG). Somit können Briefsendungen auch den Nachbarn ausgehändigt werden. Gerade in Bürogebäuden mit mehreren Mietparteien oder auch Mehrfamilienhäusern kann dies dazu führen, dass Briefe „verloren gehen“. Es besteht zudem das Risiko, dass der Nachbar „versehentlich“ den Briefumschlag öffnet und somit Zugang zu Informationen gelangt, die nicht für ihn bestimmt waren. 

Unternehmen sollten daher sorgfältig abwägen, sensible Briefsendungen wie etwa Mahnungen, Rechnungen etc. eventuell klar mit dem Vermerk „Nicht an einen Ersatzempfänger aushändigen!“ zu versehen und als potenzielle Empfänger ihren Briefkasten oder ihren Empfangsbereich ebenfalls mit einer entsprechenden gegenteiligen Weisung zu kennzeichnen.

Öffnung des Marktes für weitere Anbieter

Im Zuge des Onlinehandels ist ein deutlicher Anstieg von Warensendungen zu verzeichnen. Um den Wettbewerb zu beleben, wird der Markt nun für weitere Dienstleistungsanbieter geöffnet. Dies erfordert jedoch die strikte Einhaltung der Regelungen zu den Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, einschließlich derer, die für Subunternehmen tätig sind. Um Verstöße schneller aufdecken und dagegen vorgehen zu können, richtet die Bundesnetzagentur eine Anlaufstelle für Beschwerden von Mitarbeitenden ein.

Gewichte von Paketsendungen/Nachhaltigkeit

Paketsendungen, die mehr als 10 kg wiegen, müssen mit einem Hinweis auf das erhöhte Gewicht, Paketsendungen mit einem Gewicht von über 20 kg mit einem Hinweis auf das hohe Gewicht gekennzeichnet werden. Bei Paketsendungen, die schwerer als 20 kg sind, ist die Zustellung entweder durch zwei Personen oder unter Verwendung eines angemessenen technischen Hilfsmittels sicherzustellen.

Im Zuge der Postreform gewinnen auch Nachhaltigkeitskriterien zunehmend an Bedeutung. So wird ein Umweltlabel eingeführt, um die Treibhausemissionen, die mit der Beförderung der jeweiligen Paketsendung verbunden waren, transparent zu machen.

Praxishinweis

Die maßgeblichen Änderungen durch das PostModG betreffen vor allem die Verlängerung der Zustellzeiten von Briefsendungen und deren Auswirkungen auf die Fristenberechnung im Rechtsverkehr. Unternehmen sind vor diesem Hintergrund gut beraten, ein entsprechendes Fristenkontrollsystem einzuführen oder ein bestehendes Fristenkontrollsystem soweit erforderlich entsprechend anzupassen. Im Hinblick auf die Neuregelung zur Ersatzzustellung sollten Unternehmen sicherstellen, dass sensible Briefsendungen stets mit dem Vermerk „Nicht an einen Ersatzempfänger aushändigen!“ versehen sind und ihr Briefkasten oder ihr Empfangsbereich ebenfalls mit einer entsprechenden Weisung gekennzeichnet ist.

Kontaktpersonen: Martina BuhrKerstin Bangen