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Vergaberecht: neue Wertgrenzen im Unterschwellenbereich


Erfolgen öffentliche Vergaben mit Auftragswerten unterhalb der EU-Schwellenwerte, müssen sie nur bundesweit ausgeschrieben werden. Im Unterschwellenbereich ist das Vergaberecht zwar durch die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vereinheitlicht, der jeweilige Anwendungsbefehl ist jedoch Bund und Ländern vorbehalten. Dies gilt insbesondere für Wertgrenzen für die Anwendung bestimmter Verfahrensarten. Wir zeigen in einem Überblick die aktuellen Anpassungen der Wertgrenzen durch einige Länder und den Bund.

Neue Wertgrenzen der Länder

In Bayern wurde zum 01.01.2025 der Art. 20 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über wirtschafts- und vergaberechtliche Vorschriften (BayWiVG) neu gefasst. Hiernach gilt seit Januar für kommunale und staatliche Auftraggeber im Unterschwellenbereich bei der Vergabe von Liefer-, Dienst- und freiberuflichen Leistungen Folgendes:

  • Direktaufträge sind bis zu einem Wert von 100.000 EUR netto zulässig.
  • Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsvergaben (mit oder ohne Teilnahmewettbewerb) sind im Unterschwellenbereich, d. h. unterhalb der EU-Schwellenwerte, immer zulässig.

Bei Bauaufträgen sind in Bayern Direktaufträge bis zu einem Wert von 250.000 EUR netto und Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb wie auch Freihändige Vergaben bis zu einem Schätzwert von 1 Mio. EUR netto zulässig.

Auch in Baden-Württemberg wurden die Wertgrenzen für Vergaben im Unterschwellenbereich im letzten Jahr angepasst. Die Wertgrenzen im Liefer- und Dienstleistungsbereich wurden hier – wie in Bayern – auf 100.000 EUR für Direktaufträge und eine Zulässigkeit von Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsvergaben bis zum Erreichen des jeweiligen Schwellenwerts erhöht.

Bei Bauaufträgen im Unterschwellenbereich unterscheiden sich die Wertgrenzen für Behörden und Betriebe des Landes in Baden-Württemberg von denen für Kommunen. Die Vergabe von Bauaufträgen als Direktauftrag ist beispielsweise für Landesbehörden bis zu einem Schätzwert von 3.000 EUR netto und für Kommunen bis zu 100.000 EUR netto gestattet.

In Rheinland-Pfalz gilt ab 01.01.2025 für Liefer- und Dienstleistungen nach UVgO:

  • Direktaufträge sind bis zu einem geschätzten Auftragswert von 10.000 EUR netto zulässig.
  • Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsvergaben sind bis zu einem Schätzwert von 100.000 EUR netto zulässig.

Für Bauaufträge gilt ebenfalls die Grenze von 10.000 EUR netto für Direktaufträge. Darüber hinaus ist zwischen Beschränkter Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb (Wertgrenze bei 250.000 EUR netto) und Freihändigen Vergaben (Wertgrenze 100.000 EUR netto) zu unterscheiden. Besonderheiten bestehen für Bauleistungen im Rahmen des öffentlichen Wohnungsbaus.

In Sachsen-Anhalt gilt seit 01.01.2025 für Liefer- und Dienstleistungen:

  • Direktaufträge sind bis zu einem geschätzten Auftragswert von 15.000 EUR netto zulässig.
  • Beschränkte Ausschreibungen mit und ohne Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsvergaben mit oder ohne Teilnahmewettbewerb sind bis zu einem Schätzwert von 100.000 EUR netto zulässig.

Für freiberufliche Leistungen gilt für Direktvergaben ein Schwellenwert von 80.000 EUR netto.

Bei Bauaufträgen sind Direktvergaben bis zu einem Schätzwert von 20.000 EUR netto, Freihändige Vergaben bis zu 150.000 EUR netto und Beschränkte Ausschreibungen mit oder ohne Teilnahmewettbewerb bis zu einem Auftragswert von 1 Mio. EUR netto gestattet.

Eine Besonderheit ist zu vermerken: Die Wertgrenzen für Beschränkte Ausschreibungen und Verhandlungsvergaben sowie freihändige Vergaben (sowohl nach UVgO als auch nach VOB/A) liegen in Sachsen-Anhalt 2025 niedriger als im letzten Jahr, während der Schwellenwert für Direktvergaben nach der UVgO im Vergleich zu 2024 leicht gestiegen ist. Die Entwicklung ist somit gegenläufig zu derjenigen in den meisten anderen Ländern, die ihre Wertgrenzen kürzlich weiter angehoben haben.

Auch die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen planen konkret für das laufende Jahr eine Änderung der Vergabevorschriften im Unterschwellenbereich inklusive Anhebung der Wertgrenzen.

Neue Wertgrenzen des Bundes

Der Bund hat ebenfalls mit Wirkung zum 01.01.2025 neue „Abweichende Verwaltungsvorschriften zur Vereinfachung der Vergabe von niedrigvolumigen öffentlichen Aufträgen im Unterschwellenbereich“ beschlossen. Danach können Vergabestellen des Bundes Liefer- und Dienstleistungen mit einem Schätzwert von bis zu 15.000 EUR netto als Direktauftrag vergeben. Zudem können Bauaufträge, die im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stehen, bis zu einem Auftragswert von 8.000 EUR netto als Direktauftrag vergeben werden. Für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung gelten in Bezug auf Bauaufträge ebenfalls Sonderregelungen.

Wichtig für Zuwendungsempfänger: Die angepassten Wertgrenzen sollen für Zuwendungsempfänger, die die UVgO oder die VOB/A gemäß Zuwendungsrecht anzuwenden haben, gleichermaßen gelten. Die zuständigen Stellen des Bundes haben dies bei den Zuwendungsbewilligungsverfahren und Verwendungsnachweisprüfungen zu beachten.

Fazit

Wie schon dieser kleine Ausschnitt der kürzlich erfolgten Anpassungen zeigt, sind die landesrechtlichen Normen stetig im Wandel. Es ist zu beachten, dass einige der Erhöhungen zeitlich befristet sind, sodass sie – vorbehaltlich weiterer Änderungen – nicht zwingend bestehen bleiben. Auf Bundesebene bleibt abzuwarten, ob die neue Bundesregierung die bereits geplante, aber noch nicht beschlossene Vergaberechtsreform wieder aufgreift.

Öffentlichen Auftraggebern und anderen Stellen, die zur Anwendung von Vergaberecht verpflichtet sind, ist somit zu raten, sich jeweils vor Beginn eines Vergabeverfahrens in den offiziellen Quellen von der Geltung der bekannten Auftragswertgrenzen zu überzeugen.

Für Fragen zur Strukturierung und Durchführung von Vergabeverfahren sowie zu sonstigen vergaberechtlichen Themen helfen Ihnen gerne die spezialisierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von EY Law.

Kontaktpersonen: Fabian Dietl, André Koch