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Bürgerenergiegesellschaften
Bürgerenergiegesellschaften ermöglichen die aktive Beteiligung der Bürger:innen an der Energiewende und bringen Vorteile im Ausschreibungsprozess. In der Vergangenheit profitierten in rechtlich zulässiger Weise allerdings auch Marktakteure von den Privilegierungen des EEG für Bürgerenergiegesellschaften, die der Gesetzgeber eigentlich nicht vor Augen gehabt hatte. Dies soll künftig unterbunden werden. Der Entwurf sieht eine neue Definition der Bürgerenergiegesellschaften und Privilegierungen für die Errichtung von erneuerbaren Energieprojekten vor.
Kern der Definitionsänderung von Bürgerenergiegesellschaften in § 3 Nr. 15 EEG 2023-E ist eine gesteigerte Beteiligung von natürlichen Personen und eine stärkere Verankerung vor Ort. Konkret bedeutet das, dass mind. 20 statt zuvor 10 natürliche Personenals stimmberechtigte Mitglieder:innen oder Anteilseigner:innen an der Gesellschaft beteiligt sein müssen. Zudem sollen mindestens 51 % der Stimmrechte bei natürlichen Personen mit Wohnsitz im Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt, in der die Anlage errichtet werden soll, liegen. Anders als im EEG 2021 ist die Wohndauer nicht mehr ausschlaggebend. Der Regierungsentwurf sah noch eine Anhebung der natürlichen Personen auf 50 und ihrer Stimmrechte auf 75 % vor, was laut Bundesrat in manchen Ländern aus soziodemographischen Aspekten nicht realisierbar sei. Die übrigen Stimmrechte müssen sich nunmehr auf Kleinstunternehmen, KMU oder kommunale Gebietskörperschaften verteilen, wobei der Bundesrat hier auch die Einbeziehung der rechtsfähigen Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften fordert. Die Einbeziehung von Kleinstunternehmen, KMU und kommunalen Gebietskörperschaften dient der Anpassung an die neuen europäischen Leitlinien für staatliche Klima, Umweltschutz- und Energiebeihilfen vom 27. Januar 2022 (sog. KUEBLL 2022, C(2022) 481 final). Neu ist des Weiteren die Anforderung der Möglichkeit zur tatsächlichen Einflussnahme auf die Gesellschaft durch die stimmberechtigten Gesellschafter. Die Einflussnahme muss „in der Regel“ vorliegen. Diese Einschränkung ist im Regierungsentwurf neu hinzugekommen und war im Referentenentwurf noch nicht enthalten. Erfüllt eine Energiegesellschaft die Anforderungen, kann sie bei der Errichtung von Windenergieanlagen bis zu einer Leistung von 18 MW nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 EEG 2023-E von der Teilnahmepflicht an Ausschreibungen ausgenommen werden. Gleiches gilt nach § 22 Abs. 3 Nr. 2 EEG 2023-E bei Solaranlagen bis zu einer installierten Leistung von 6 MW. Die Ausnahmen gelten nach Maßgabe des neuen § 22b EEG 2023-E. Hierzu gehört z. B., dass die Mitteilung, dass die Anlage einer Bürgerenergiegesellschaft gehört, innerhalb von drei Wochen nach Erteilung der Immissionsschutzgenehmigung an die Bundesnetzagentur zu erfolgen hat. Der Regierungsentwurf sah noch eine Sperrfrist für die Beteiligung an einer Bürgerenergiegesellschaft durch die stimmberechtigten Mitglieder in den fünf Jahren vor und nach der Mitteilung an die Bundesnetzagentur vor. In seiner Stellungnahme bittet der Bundesrat weiter um eine Prüfung der Einbindung kommunaler Tochterunternehmen in die Definition der Bürgerenergiegesellschaften sowie praktische Auswirkungen auf die Landkreise und natürlichen Personen durch die Begrenzung der natürlichen Personen. Insgesamt soll auf diesem Weg der Fokus auf kleine Akteure mit ökologischen oder sozialgemeinschaftlichen Absichten gelegt werden. Die Ausnahmen von den Ausschreibungen gelten für Bürgerenergiegesellschaften. Weiteres Ziel der Vorschrift ist die Verhinderung der Anwendung durch größere Marktakteure, die der Gesetzgeber ursprünglich nicht vor Augen hatte, wie es noch bei der Vorgängerversion der Fall war. Darüber hinaus wird die Ausschreibungsgrenze für Solaranlagen von 750 kW auf 1 MW angehoben, wodurch weniger Bürokratie erreicht werden soll und mehr Anlagen eine gesetzlich bestimmte Förderung erhalten. Ebenso sind Mitteilungspflichten an die Bundesnetzagentur zum Nachweis der Gesellschaftsstruktur vorgesehen. § 36g EEG 2021 soll gestrichen werden.
Mieterstromzuschlag
Neben den Vorschriften zur Bürgerenergiegesellschaft soll auch die Regelung zum anzulegenden Wert für den Mieterstromzuschlag, also bei Stromlieferungen an Letztverbraucher innerhalb des Gebäudes oder demselben Quartier, überarbeitet werden. Die maximal installierte Leistung einer Solaranlage, die einen Mieterstromzuschlag nach § 48a EEG-E, erhalten kann, soll in § 48a Nr. 3 EEG 2023-E von 750 kW auf 1 MW angehoben werden. Zudem soll der anzulegende Wert für den Zuschlag durch die Bundesnetzagentur festgelegt und für die Inbetriebnahme ab dem 1. Januar 2023 auf ihrer Internetseite veröffentlicht werden. Die Berechnung richtet sich dabei nach dem § 48a i. V. m. § 49 des am 31. Dezember 2022 geltenden EEG und berücksichtigt damit auch die bisher geltenden Degressionsbestimmungen des EEG 2021.
Hintergrund
Insgesamt sollen die Hemmnisse für Bürgerenergiegesellschaften in Ausschreibungsverfahren minimiert werden. Der Gesetzgeber erhofft sich dadurch eine Steigerung und Beibehaltung der Akteursvielfalt sowie Wertschöpfung auf lokaler Ebene. Durch die neuen Anforderungen an Bürgerenergiegesellschaften sollen möglichst offene Beteiligungsmöglichkeiten erreicht und die Akzeptanz gestärkt werden. Speziell die Möglichkeit der tatsächlichen Einflussnahme der stimmberechtigten Mitglieder auf die Gesellschaft ist eine Reaktion auf die BGH-Entscheidung vom 11.02.2020, in der der BGH die „lokale Verwurzelung“ der Bürgerenergiegesellschaften ins Zentrum seiner Erörterungen gerückt hatte. Sie soll eine breite Bürgerbeteiligung sicherstellen. Ebenso wurden Ergebnisse aus dem Fachgespräch Bürgerenergie und Akteursvielfalt aus dem Februar 2022 aufgenommen.
Potentielle Auswirkungen
Die Änderungen der Vorschriften zur Bürgerenergie stehen in enger Kombination mit der Absicht der Steigerung der Akteursvielfalt. Sollte der Entwurf in der hier dargestellten Form umgesetzt werden, ist zukünftig eine größere Diversifikation der Gesellschaftsmitglieder notwendig. Ob die beabsichtigten Änderungen tatsächlich die Akteursvielfalt stärken und die Akzeptanz steigern, bleibt abzuwarten. Unabhängig davon gilt, dass es auch außerhalb des recht starren Anwendungsbereichs von Bürgerenergiegesellschaften durchaus noch andere Möglichkeiten gibt, die örtliche Bevölkerung finanziell an Erneuerbaren Energien teilhaben zu lassen. Der Gesetzesentwurf wird nun zur weiteren Beratung an den Bundestag geleitet.
Einen Überblick des Osterpakets finden Sie auch in unseren Beitrag „Überblick zur Umsetzung des „Klimaschutz-Sofortprogramms“ des BMWK im „Osterpaket““.