Die EU hat am 27. November 2019 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen die Richtlinie (EU) 2019/2121 (EU-Umwandlungsrichtlinie) zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Gesellschaftsrechtsrichtlinie) beschlossen. Mit den Bestimmungen des UmRUG, insbesondere den Neuregelungen im UmwG, und den flankierenden mitbestimmungsrechtlichen Regelungen im MgVG und im MgFSG hat Deutschland nach einem langen Gesetzgebungsprozess nunmehr die Vorgaben der EU-Umwandlungsrichtlinie auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.
Der Blick in andere EU-Länder zeigt, dass viele die Umsetzung der EU-Richtlinie noch gar nicht angefangen oder jedenfalls noch nicht abgeschlossen haben. Auch hier muss die grenzüberschreitende Abstimmung der Gerichte/Behörden den Praxistest bestehen.
Überblick zu den Neuregelungen im UmRUG
Die neuen Bestimmungen aus dem UmRUG zum grenzüberschreitenden Formwechsel und zur grenzüberschreitenden Spaltung orientieren sich an den Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (§§ 122a–122m UmwG a. F. – §§ 305–319 UmwG n. F.) und werden insgesamt im neu eingefügten Sechsten Buch des Umwandlungsgesetzes mit den §§ 305 ff. UmwG („Grenzüberschreitende Umwandlung“) zusammengefasst. Der Anwendungsbereich des UmRUG beschränkt sich auf Kapitalgesellschaften.
Ergänzend kommt es zur Modifizierung bestehender Vorgaben zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, insbesondere der Vorschriften zum Schutz der Minderheitsgesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer.
Durch das UmRUG soll ein rechtssicheres, europaweit kompatibles Verfahren für grenzüberschreitende Umwandlungen von AG, KGaA und GmbH eingeführt werden, was auch durch eine digitale Kommunikation der beteiligten Handelsregister sichergestellt werden soll.
Grenzüberschreitende Spaltung zur Aufnahme
Während die EU-Umwandlungsrichtlinie lediglich die grenzüberschreitende Spaltung zur Neugründung regelt, hat sich der deutsche Gesetzgeber entschieden, auch die grenzüberschreitende Spaltung zur Aufnahme zuzulassen. Diese ist jedoch nur unter im Gesetz normierten einschränkenden Voraussetzungen möglich.
Überblick zu den Neuregelungen für die Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungsfällen, insbesondere MgVG und MgFSG
(1) Die Regelungen zur Beteiligung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungsvorgängen wurden schon zum 31. Januar 2023 mit dem angepassten MgVG und dem neu eingeführten MgFSG umgesetzt.
Bisher galt bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen grundsätzlich das sogenannte Sitzstaatsprinzip mit der Folge, dass für jede aus einer grenzüberschreitenden Umwandlung hervorgehende Gesellschaft die Mitbestimmungsregelungen desjenigen Mitgliedstaates gelten sollen, in dem sie ihren neuen Satzungssitz hat. Dieses Prinzip bleibt auch bei der Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie erhalten, erfährt aber aufgrund der uneingeschränkten Geltung und der damit verbundenen Anreize zur „Flucht aus der Mitbestimmung“ weitreichende Einschränkungen.
Dazu zählt die sog. Missbrauchskontrolle (§ 316 Abs. 3 UmwG). Das Registergericht hat bereits im Verfahren zur Eintragung der Verschmelzung oder des Formwechsels beim Vorliegen von Anhaltspunkten zu prüfen, ob die grenzüberschreitende Verschmelzung oder der Formwechsel missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken dienen soll. In solchen Fällen soll das Gericht die Eintragung ablehnen. Die Neuregelungen definieren den Begriff der Anhaltspunkte für das Vorliegen einer entsprechenden Prüfungspflicht. Solche liegen u. a. vor, wenn die Zahl der Beschäftigten mindestens vier Fünftel des für die Unternehmensmitbestimmung maßgeblichen Schwellenwerts beträgt, im Zielland keine Wertschöpfung erbracht wird und der Verwaltungssitz nach der Grenzüberschreitung in Deutschland verbleibt.
(2) Im Bereich der unternehmerischen Mitbestimmung halten die Regelungen an dem Grundkonzept aus Verhandlungsmodell und Auffanglösung fest, das sich für die Societas Europaea (SE) und die grenzüberschreitende Verschmelzung bereits bewährt hat. Allerdings wird das SE-Verhandlungsmodell nicht vollumfänglich übernommen, sondern findet nur in modifizierter Art und Weise Anwendung.
(3) Das Recht zur Informationsbeschaffung der Registergerichte wurde ebenfalls modifiziert. Im Rahmen einer Prüfung aufgrund der oben genannten Anhaltspunkte können die Registergerichte Gewerkschaften der beteiligten Gesellschaften anhören oder auch Unterlagen von öffentlichen inländischen Stellen verlangen. Die beschlossene Gesetzesfassung enthält auch Regelungen zu wechselseitigen Mitteilungspflichten der Registergerichte der neuen bzw. übertragenden Gesellschaft über das Europäische System der Registervernetzung („Business Registers Interconnection System“, kurz BRIS).
Weitere Regelungen für nationale Umwandlungsfälle
(1) In den Neuregelungen sind auch Änderungen für nationale Umwandlungsfälle im Hinblick auf die Umwandlungspläne, den Umwandlungsbericht, die Umwandlungsprüfung und den Umwandlungsbeschluss enthalten.
(2) Das UmRUG sieht darüber hinaus besondere Schutzbestimmungen für Anteilseigner (Recht zum Austritt gegen Barabfindung) und Gläubiger (Anspruch auf Sicherheitsleistung, Ausfallhaftung und besonderen Gerichtsstand) vor.
Der Schutz der Arbeitnehmer wird umfassend ausgestaltet, u. a. durch besondere Informations- und Konsultationsrechte wie z. B. spezielle Berichte bzw. Berichtsabschnitte für die Beschäftigten und ihr Recht, Bemerkungen zum Plan zu übermitteln.
(3) Für konzerninterne grenzüberschreitende Umwandlungen sind zusätzlich zahlreiche Erleichterungen vorgesehen: Insbesondere für den Fall der Upstream- oder der Sidestream-Verschmelzung kann der Umwandlungsbericht an die Anteilsinhaber entfallen. Auch eine Umwandlungsprüfung und ein Prüfungsbericht sind in diesen Fällen nicht erforderlich. Zudem kann z. B. im Fall einer Sidestream-Verschmelzung ein Zustimmungsbeschluss der übertragenden Gesellschaft entfallen. Nicht geändert hat sich das Erfordernis, den Umwandlungsplan und die Umwandlungsbeschlüsse notariell beurkunden zu lassen. Da die übrigen EU- bzw. EWR-Mitgliedstaaten regelmäßig ebenfalls eine notarielle Beurkundung vorsehen, entstehen hier nach wie vor doppelte Beurkundungskosten.
Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage kann nun bei einer Ausgliederung zur Aufnahme auf eine Kapitalerhöhung verzichtet werden.