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Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung: BAG schafft Klarheit bei tariflicher Abweichung vom gesetzlichen Anspruch


In seinem aktuellen Urteil vom 20.08.2024 (Az.: 3 AZR 285/23) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass vom gesetzlichen Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) auch in Tarifverträgen abgewichen werden kann, die bereits vor Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 01.01.2018 abgeschlossen wurden.

Worum geht es?

Bei neu vereinbarten Entgeltumwandlungen sind Arbeitgeber seit dem 01.01.2019 verpflichtet, einen Zuschuss von max. 15 Prozent vom umgewandelten Entgelt zu leisten, soweit in dieser Höhe durch die Umwandlung Sozialversicherungsbeiträge erspart werden. Sofern die Entgeltumwandlungsvereinbarung – individual- oder kollektivrechtlich – schon vor dem 01.01.2019 abgeschlossen wurde, besteht die Zuschusspflicht des Arbeitgebers gemäß der Übergangsregelung nach § 26a BetrAVG erst seit dem 01.01.2022. Die Zuschusspflicht nach § 1a Abs. 1a BetrAVG ist allerdings tarifdispositiv ausgestaltet, d. h., in Tarifverträgen kann davon – auch zuungunsten des Arbeitnehmers – abgewichen werden.

Der aktuelle Sachverhalt       

Für das Arbeitsverhältnis des klagenden Arbeitnehmers galt seit dem 01.01.2009 ein Tarifvertrag zur Altersversorgung (TV AV), wonach ihm im Rahmen der Entgeltumwandlung ein zusätzlicher Altersversorgungsgrundbetrag in Höhe des 25-Fachen des Facharbeiter-Ecklohns gewährt wurde. Seit Januar 2019 wandelte der Kläger monatlich Entgelt im Wege einer Pensionskasse (MetallRente) um. Mit Schreiben vom 26.07.2022 forderte er von der beklagten Arbeitgeberin ab Januar 2022 zusätzlich einen monatlichen Zuschuss von 15 Prozent des umgewandelten Entgelts, wie in § 1a Abs. 1a BetrAVG vorgesehen.

Der Kläger argumentierte, der Tarifvertrag sei keine abweichende Regelung im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrAVG, da der Anspruch auf den Zuschuss gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG nicht durch eine tarifvertragliche Regelung ausgeschlossen werden könne, die bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung bestanden habe. In den Vorinstanzen blieb der Kläger erfolglos. 

Das Urteil des BAG

Das BAG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen und bestätigt damit die Entscheidungen der Vorinstanzen. Der Senat führt aus, dass von § 1a BetrAVG abweichende Regelungen auch in vor dem Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes geschlossenen Tarifverträgen enthalten sein können. Dies ergebe die Auslegung von § 19 Abs. 1 BetrAVG. Mit den Regelungen des TV AV liege eine solche von § 1a BetrAVG abweichende Regelung vor. (Stand Pressemitteilung, die Urteilsgründe lagen zum Redaktionsschluss noch nicht vor.)

Ausblick

Offen bleibt, ob ein Bestandstarifvertrag im Falle der Regelung von Entgeltumwandlung ohne Erwähnung eines Arbeitgeberzuschusses ebenso gewertet würde. In diesem Falle wäre es aus unserer Sicht vertretbar, ebenso von einer abweichenden Regelung im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrAVG auszugehen. Allerdings stützt sich das Urteil der Vorinstanz (LAG Niedersachsen) u. a. darauf, dass der Kläger durch die positive Regelung eines Arbeitgeberzuschusses im anwendbaren Tarifvertrag bereits eine Leistung erhält, die dem Willen des Gesetzgebers, der in § 1a Abs. 1a BetrAVG zum Ausdruck kommt, letztlich entspricht. Jedoch ist diese Wertung u. E. nicht konsequent, wenn § 19 Abs. 1 BetrAVG dem Grunde nach auf Bestandstarifverträge anwendbar sein soll: Die Tarifparteien werden durch diese Öffnungsklausel gerade dazu befähigt, auch negativ von den dort genannten Regelungen des Betriebsrentengesetzes abzuweichen. Dies würde ohne gesetzliche Grundlage wieder eingeschränkt, wollte man als Zusatzvoraussetzung ansehen, dass der Tarifvertrag einen irgendwie gearteten Arbeitgeberzuschuss enthält. Es bleibt abzuwarten, ob die Urteilsgründe hierzu mehr Aufschluss geben werden.

 

Fazit

Die Frage, ob in bereits vor der Einführung des gesetzlichen Arbeitgeberzuschusses bestehenden tarifvertraglichen Regelungen wirksam vom Arbeitnehmeranspruch nach § 1a Abs. 1a BetrAVG abgewichen werden kann, hat das BAG bereits im Jahr 2022 beschäftigt (Urteile vom 08.03.2022, Az.: 3 AZR 361/21 und 3 AZR 362/21). Damals wurde die Frage, ob ein Bestandstarifvertrag eine wirksam abweichende Regelung vom neuen Zuschussanspruch darstellen kann, noch offengelassen. Nun hat das BAG erfreulicherweise eine klare und praxisorientierte Entscheidung getroffen. 

Kontaktpersonen: Isabella Kothen, LL.M.Wolfgang Hardt