Blick auf modernen Wohnkomplex bei Sonnenaufgang

Bedeutende Entscheidungen aus dem Immobiliensektor – ein Überblick


In der dynamischen Welt des Immobilienrechts gibt es stets Entwicklungen, die für Eigentümer, Bauherren und Mieter von großer Bedeutung sind. In diesem Artikel möchten wir Ihnen einen Überblick über die aktuelle Rechtsprechung aus dem Immobilienrecht geben.

Rechtsprechung zu Immobilienkaufverträgen

Im Bereich des Immobilienrechts waren in diesem Jahr beim BGH zwei Fälle anhängig, die sich auf die rechtlichen Aspekte von Immobilienkaufverträgen bezogen.

Die erste Entscheidung (BGH, Urteil vom 15. März 2024 – Az.: V ZR 224/22) betraf die Verjährungsfrist für Eigentumsübertragungsansprüche bei Grundstückskaufverträgen, die, wie der BGH nun klargestellt hat, nicht zwingend mit dem Vertragsschluss beginnt, sondern erst mit der Fälligkeit des Anspruchs auf Eigentumsübertragung. Der BGH hat betont, dass zwar in der Regel der Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Beginn der Verjährungsfrist für den Eigentumsübertragungsanspruch markiert, da dieser gewöhnlich mit Abschluss des Kaufvertrags fällig wird. Jedoch sei diese Regelung nicht schematisch auf Situationen anwendbar, in denen – wie im vorliegenden Sachverhalt – vertragliche Abreden eine abweichende, spätere Fälligkeit des Anspruchs bestimmen.

Diese bedeutende Präzisierung kam in einem Fall zur Anwendung, bei dem es um die Löschung einer langjährigen Auflassungsvormerkung ging. Lesen Sie dazu auch den Beitrag von Tanja Reinhoffer in dieser Ausgabe, der sich weiterführend mit dem Thema Verjährung beschäftigt.

In einem zweiten Urteil (BGH, Urteil vom 15. März.2024 – Az.: V ZR 115/22) hat der BGH die Wirksamkeit von Grundstückskaufverträgen bekräftigt, selbst wenn diese Schwarzgeldabreden enthalten. Hierbei wurde ein Fall verhandelt, in dem der notariell beurkundete Kaufpreis aus steuerlichen Gründen niedriger angesetzt wurde als der tatsächlich vereinbarte. Entscheidend für den BGH war, dass die Vertragsparteien die Kaufpreiszahlung und die Übertragung des Grundstücks ernsthaft beabsichtigten.

Dieses Urteil hat signifikante Auswirkungen, da der BGH klarstellt, dass die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar sind. Eine Schwarzgeldabrede führt somit nicht automatisch dazu, dass diese den ganzen Vertrag nichtig macht. Die Klägerin konnte in dem durch den BGH entschiedenen Fall folglich die Löschung eines irrtümlich eingetragenen Widerspruchs fordern und ihr Eigentum sichern.

Während der BGH die Bedeutung von Vertragstreue und -wirksamkeit unterstreicht, zeigt ein Beschluss des LG Berlin II (LG Berlin II, Beschluss vom 11. März 2024 – Az.: 67 S 289/23), dass der Mieterschutz ebenfalls ein hohes Gut darstellt. Das LG Berlin II hat sich in einem aktuellen Fall mit der Rechtmäßigkeit einer Verwertungskündigung auseinandergesetzt. Die Vermieterin hatte den Mietvertrag mit der Intention gekündigt, das Wohngebäude abzureißen und durch einen Neubau, der anschließend verkauft werden sollte, zu ersetzen.

Das LG hat entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Verwertungskündigung im vorliegenden Fall nicht erfüllt waren. Trotz der Argumentation der Vermieterin, finanzielle Einbußen durch den Verzicht auf Neubau und Verkauf des Grundstücks hinnehmen zu müssen, überwogen die Nachteile für den Mieter. Dieser würde bei einem Wohnungsverlust seinen langjährigen Lebensmittelpunkt verlieren und müsste sich auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt, geprägt von steigenden Mieten und Wohnungsknappheit, nach einer neuen Unterkunft umsehen. Die Richter haben unterstrichen, dass das Eigentum des Vermieters auch eine soziale Verpflichtung beinhaltet und nicht ausschließlich der Gewinnmaximierung dienen darf.

Rechtsprechung aus dem Baurecht/Grundbuchrecht

Im Baurecht sowie Grundbuchrecht ergaben sich ebenfalls interessante Entwicklungen.

Das OLG Bamberg (OLG Bamberg, Beschluss vom 9. Januar 2024 – Az.: 10 Wx 17/23) hat über einen Fall entschieden, bei dem ein auf die Installation von Photovoltaikanlagen spezialisiertes Unternehmen die Einsichtnahme in das Grundbuch beantragte, um mit den Eigentümern und Eigentümerinnen von Grundstücken, die für eine solche Anlage infrage kommen könnten, in Kontakt zu treten. Das OLG Bamberg hat klargestellt, dass die bloße Absicht, Solarkraftwerke zu errichten, kein ausreichendes berechtigtes Interesse für die Einsicht in das Grundbuch darstellt. Ein Unternehmen, das auf diesem Sektor agiert, ist folglich nicht berechtigt, Informationen über die Eigentümer und Eigentümerinnen möglicherweise geeigneter Grundstücke aus dem Grundbuch zu erhalten. Das Gericht unterstreicht, dass der Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Grundstückseigentümer vorrangig ist und allein geschäftliche Interessen nicht genügen, um diesen Schutz zu überwinden.

Hinweis: Vor diesem Hintergrund ist zu erwähnen, dass das Bundesministerium der Justiz in einem Referentenentwurf (Verordnung zur Erleichterung der Grundbucheinsicht für Erneuerbare-Energien-Anlagen und Telekommunikationsinfrastrukturen [„GBV“] vom 6. November 2023) vorgeschlagen hat, die Einsichtnahme in das Grundbuch für Betreiber und Projektentwickler von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien zu vereinfachen. Gem. § 43a GBV-Referentenentwurf sollen bestimmte Unternehmen in der Regel ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht haben, wenn sie erklären, bestimmte Anlagen betreiben oder projektieren zu wollen. Damit reagiert das Ministerium auf die bestehenden Hindernisse beim Ausbau erneuerbarer Energien. Die Ermittlung der Eigentümer und Eigentümerinnen geeigneter Grundstücke stellt einen wichtigen Schritt in der Projektentwicklung dar und ist somit entscheidend für den Fortschritt der Energiewende.

In einem anderen Fall hatte das OLG Zweibrücken (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13. Juli 2023 – Az.: 5 U 188/22) eine Preisanpassungsklausel bei einem Verbraucherbauvertrag mit Festpreisbindung zu beurteilen. Die Klausel hätte es der Beklagten ermöglicht, den vereinbarten Festpreis nachträglich zu erhöhen, falls die Bauarbeiten nicht innerhalb von drei Monaten nach Vertragsschluss begonnen hätten. Das Gericht hat diese Klausel als unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers und somit als unwirksam nach § 307 BGB erachtet, da sie dem Besteller keine verlässliche Kalkulationsgrundlage bot und das Risiko von Preissteigerungen einseitig auf ihn abwälzte. Darüber hinaus hat das Gericht ein Berufen auf die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB abgelehnt, da die Parteien mit der Festpreisvereinbarung das Risiko für Material- und Lohnkostensteigerungen bewusst der Beklagten zugewiesen hatten. Die Weigerung der Beklagten, zum vereinbarten Festpreis zu bauen, führte zur Kündigung des Vertrags durch die Kläger und zur Beauftragung eines anderen Unternehmens, wodurch Mehrkosten entstanden, für die die Beklagte nun ersatzpflichtig gemacht werden kann.

Rechtsprechung zur Mietpreisbindung

Zahlreiche Entscheidungen wurden bereits im Kontext der Mietpreisbindung von Wohnraum getroffen. Nun hat der BGH in einem neuen Fall (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2024 – Az.: VIII ZR 12/23) die Frage geklärt, ob eine Staffelmiete während einer Mietpreisbindung für die Zeit danach wirksam vereinbart werden kann. Der BGH hat die Gültigkeit solcher Staffelmietvereinbarungen bestätigt, und zwar sowohl für Wohnraum, der dem Wohnraumförderungsgesetz unterliegt, als auch für solchen außerhalb. Demnach ist es Vermietern grundsätzlich gestattet, eine Staffelmiete für die Zeit nach dem Ende der Mietpreisbindung bereits während der Bindungsfrist zu vereinbaren. Das Gericht hat zudem betont, dass dies auch während der Mietpreisbindung zulässig ist, solange die in der Förderzusage bestimmte Miethöhe nicht überschritten wird.

Fazit

Die jüngsten Urteile und Beschlüsse im Immobilienrecht betonen die Vertragsstabilität und präzisieren Verjährungsfristen, wobei individuelle Vertragsdetails entscheidend sind. Die Rechtsprechung im Baurecht bzw. Grundbuchrecht schützt Verbraucher sowie Grundstückseigentümer. Im Mietrecht wird ein Gleichgewicht zwischen Vermieterinteressen und Mieterschutz angestrebt. Zukünftig könnten Anpassungen im Grundbuchrecht die Projektentwicklung im Rahmen der erneuerbaren Energien erleichtern. Die Balance zwischen wirtschaftlichen und sozialen Belangen bleibt ein zentrales Thema, das die Rechtsentwicklung im Immobiliensektor weiterhin prägen wird.

Kontaktpersonen: Anna-Lena Volkmann, Jonas Reguez (Dipl. Jur. Univ.), Karen Ishola-Allmendinger