Überblick
Unternehmen, die in besonders energie- und handelsintensiven Wirtschaftszweigen tätig sind, waren berechtigt, Entlastungen von über 2 Mio Euro in Anspruch zu nehmen. Im Gegenzug mussten sie sich verpflichten, in ihren Unternehmen bis zum 30.04.2025 eine bestimmte Anzahl an Arbeitsplätze zu erhalten (sog. Arbeitsplatzerhaltungspflicht).
Zur Erfüllung der Arbeitsplatzerhaltungspflicht mit Blick auf die Energiepreisbremsengesetze sehen die gesetzlichen Regelungen für die Unternehmen zwei Möglichkeiten vor: entweder den Abschluss einer kollektivrechtlichen Vereinbarung (Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag) oder die Abgabe einer sog. Selbstverpflichtungserklärung.
Während der Umfang der zu erhaltenden Arbeitsplätze in einer kollektivrechtlichen Vereinbarung im Wesentlichen allein durch die beteiligten Betriebs- bzw. Tarifparteien zu bestimmen war, mussten sich die Unternehmen im Hinblick auf die Selbstverpflichtungserklärung zum Erhalt von mindestens 90 Prozent der am 01.01.2023 vorhandenen Arbeitsplätze bis 30.04.2025 verpflichten.
Ermittlung der vorhandenen Arbeitsplätze und Nachweispflicht
In der Praxis stellen sich im Wesentlichen zwei Fragen: Wie sind die relevanten Arbeitsplätze zu ermitteln und in welcher Form ist der geforderte Nachweis, dass die Arbeitsplätze erhalten worden sind, zu erbringen?
Ermittlung der vorhandenen Arbeitsplätze
Für die Ermittlung ist – nach jetzigem Stand – eine reine Stichtagsbetrachtung vorzunehmen; eine durchschnittliche Betrachtung ist nicht geboten bzw. nicht erforderlich. Mithin ist die Anzahl der am 01.01.2023 vorhandenen Arbeitsplätze ins Verhältnis zur Anzahl der Arbeitsplätze am 30.04.2025 zu setzen.
Entscheidend sind die vorhandenen Vollzeitäquivalente. Das heißt, es kommt nicht darauf an, ob ein konkreter Arbeitsplatz noch erhalten oder ein konkreter Arbeitnehmer noch beschäftigt ist. Teilzeitbeschäftigte sind dem Umfang ihrer Tätigkeit entsprechend rechnerisch zu berücksichtigen.
Herausfordernd für viele Unternehmen dürfte sein, dass der für die Ermittlung relevante Zeitraum nicht zwingend mit dem Geschäftsjahr gleichläuft und diese daher gesondert erfolgen muss. Es sollte also frühzeitig ein entsprechendes Reporting aufgesetzt werden, um die genannten Stichtage auswerten und abbilden zu können.
Form des zu erbringenden Nachweises
Im Hinblick auf die Form des zu erbringenden Nachweises nennen die gesetzlichen Regelungen einen Abschlussbericht, wiederum konkretisiert als einen „durch Prüfer testierten Nachweis“.
Der konkrete Inhalt des Abschlussberichts dürfte sich danach richten, ob die Arbeitsplätze hinreichend erhalten worden sind oder nicht. Ist Ersteres der Fall, wird die bloße Angabe der Arbeitsplätze und der für die Ermittlung herangezogenen Parameter genügen. Wurden die erforderlichen Arbeitsplätze nicht erhalten, sollten Unternehmen – insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes – vorzugsweise bereits im Abschlussbericht darlegen, aus welchem Grund die Arbeitsplätze nicht erhalten werden konnten.
Für die Testierung können Unternehmen entweder ihren regulären Wirtschaftsprüfer einbinden, was sich insbesondere mit Blick auf die Erstellung der sowieso anstehenden Abschlussberichte anbietet, oder einen anderen Wirtschaftsprüfer beauftragen.
Rechtsfolgen im Falle eines Verstoßes gegen die Arbeitsplatzerhaltungspflicht
Im Falle eines Verstoßes gegen die Arbeitsplatzerhaltungspflicht ist hinsichtlich der Rechtsfolgen zu differenzieren.
Wurde bzw. wird auch künftig kein Nachweis über die Eingehung einer Arbeitsplatzerhaltungspflicht gegenüber den zuständigen Behörden erbracht, sehen die gesetzlichen Regelungen vor, dass jegliche über 2 Mio. Euro hinaus erlangten Entlastungen zurückzuzahlen sind.
Hat sich ein Unternehmen für den Weg der Abgabe einer Selbstverpflichtungserklärung entschieden, sieht das Gesetz im Falle eines Verstoßes gegen diese differenziertere Regelungen vor. So entsteht zwar dem Grunde nach ebenfalls eine Rückzahlungspflicht des die 2 Mio. Euro überschreitenden Betrags, allerdings steht den zuständigen Behörden ein Ermessenspielraum dahin gehend zu, ob der übersteigende Betrag ganz oder lediglich teilweise zurückgefordert wird.
Es ist davon auszugehen, dass es insbesondere im Rahmen dieses Ermessenspielraums relevant sein wird, aus welchem Grund das betreffende Unternehmen die Arbeitsplätze nicht erhalten konnte bzw. nicht vorhält. Die gesetzlichen Regelungen geben bereits vor, dass die zuständige Behörde hierbei zu berücksichtigen hat, ob etwa im Falle von umwandlungsrechtlichen Vorgängen oder sonstigen Betriebsübergängen nach § 613a BGB die weggefallenen Arbeitsplätze wenigstens beim Rechtsnachfolger erhalten geblieben sind. Ferner ist auch die wirtschaftliche Situation des Unternehmens sowie dessen Wirtschaftszweigs in den Blick zu nehmen.
Ob dies im Einzelfall dazu führen kann, dass sogar ein Personalabbau trotz Selbstverpflichtungserklärung einer Rückzahlungsforderung entgegensteht, bleibt abzuwarten. Im Hinblick auf andere Formen von Restrukturierungen, insbesondere Transaktionen – gleich ob konzernintern oder extern –, sollte zumindest frühzeitig bedacht werden, durch entsprechende vertragliche Verpflichtungen oder Garantieren sicherzustellen, dass Arbeitsplätze beim Rechtsnachfolger bis mindestens 30.04.2025 erhalten bleiben.
Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Belegschaftsgröße, die erst nach dem 30.04.2025 Wirkung entfalten, dürften im Übrigen insgesamt außer Betracht bleiben.
Wichtig: Es zählen die Arbeitsplätze im einzelnen Unternehmen, nicht im Konzern.
Wurde zum Zweck der Beschäftigungssicherung eine kollektivrechtliche Vereinbarung geschlossen, richten sich die Rechtsfolgen eines Verstoßes allein nach den in der kollektivrechtlichen Vereinbarung getroffenen Regelungen (z. B. Verlängerung der Arbeitsplatzerhaltungspflicht, erhöhte Abfindungszahlungen oder besondere Kündigungsschutzbedingungen für Arbeitnehmer). Es droht grundsätzlich keine Rückforderung durch die zuständige Behörde.
Frist für die Vorlage des Abschlussberichts
Bis wann der Nachweis über den Arbeitsplatzerhalt zu erbringen, also der Abschlussbericht der zuständigen Behörde vorzulegen ist, ist gesetzlich nicht explizit geregelt. Aus der Gesetzesbegründung lässt sich jedoch schließen, dass der Nachweis bis spätestens 31.12.2025 erfolgen sollte.