Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter (Beklagter zu 1) und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach einem potenziellen Betriebsübergang. Der Kläger war langjährig bei der P GmbH (Beklagte zu 2) angestellt und wurde später zu ihrem Geschäftsführer bestellt, ohne dass ein formeller (Änderungs-)Vertrag vorlag, weder schriftlich noch mündlich. Stattdessen haben die Parteien in einer späteren „Änderung zum Arbeitsvertrag“ lediglich die Arbeitszeitbestimmungen modifiziert, während die übrigen Vertragsbedingungen unverändert blieben. Im Jahr 2020 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 2 eröffnet. Eine andere Gesellschaft aus demselben Konzern übernahm wesentliche Betriebsmittel, Vermögenswerte sowie Teile der Belegschaft. Nachdem der Beklagte zu 1 das Arbeitsverhältnis sowie ein etwaig bestehendes Geschäftsführerdienstverhältnis des Klägers kündigte, legte der Kläger sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nieder. Er machte geltend, dass sein Arbeitsverhältnis auf die andere Konzerngesellschaft übergegangen sei. Die Beklagten bestritten dies. Sie argumentierten, dass die Kündigung wirksam sei und kein Betriebsübergang stattgefunden habe.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht Rheine hat der Klage insgesamt stattgegeben, das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) hat sie hingegen abgewiesen. Das LAG begründete seine Entscheidung u. a. damit, dass § 613a Abs. 4 BGB dahin gehend teleologisch zu reduzieren sei, dass er auf Organmitglieder juristischer Personen auch dann keine Anwendung finde, wenn der Organstellung ein Arbeitsvertrag zugrunde liegt (LAG Hamm, Urteil vom 25.03.2022 – Az.: 16 Sa 522/21). Dem erteilte das BAG jedoch eine deutliche Absage, hob das Urteil der Vorinstanz größtenteils auf und verwies den Rechtsstreit zur endgültigen Klärung des Sachverhalts zurück an das Instanzgericht.
Im Einzelnen:
Entscheidender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Kündigung wirksam ist, sei der Zugang der Kündigung beim Kläger. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch das Amt als Geschäftsführer inne. Für die Anwendung des KSchG sei allein entscheidend, ob der Kläger ein Organ der Anstellungsgesellschaft ist. Der zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag sei hingegen unerheblich. Die Regelung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG habe nicht nur klarstellende Wirkung, sondern beinhalte eine negative Fiktion zulasten der Organe.
Für die Anwendung des § 613a BGB im Rahmen eines Betriebsübergangs – hier ausgelöst durch die Übernahme wesentlicher Betriebsmittel, Vermögenswerte sowie Teile der Belegschaft durch eine andere Konzerngesellschaft – sei jedoch das schuldrechtliche Grundverhältnis und nicht die Organstellung maßgeblich. Auch nach der Bestellung zum Geschäftsführer bleibe das ursprünglich vereinbarte Arbeitsverhältnis für den Kläger relevant. Die Bestellung als Geschäftsführer führe nicht automatisch zu einem (konkludenten) Dienstvertrag. Es bedürfe vielmehr weiterer Umstände wie etwa einer Gehaltserhöhung oder der Gestellung eines Dienstwagens. Der Umstand, dass in der Praxis regelmäßig ein Dienstvertrag geschlossen wird, sei für sich genommen nicht ausreichend.
Des Weiteren sei § 613a Abs. 4 BGB, anders als von der Vorinstanz angenommen, auch nicht teleologisch zu reduzieren, da keine planwidrige Regelungslücke vorliege. Zudem erlange der Kläger durch den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auch keine inadäquate kündigungsschutzrechtliche Begünstigung. Ausgeschlossen seien nur Kündigungen aufgrund eines Betriebsübergangs. Allein die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses gingen auf den Erwerber über, nicht jedoch die Organstellung. Daher würden dem Erwerber auch keine Arbeitnehmer mit besonderen Rechten aufgedrängt.