Die internationale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten.
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Mehr als nur Ordnungswidrigkeiten
Zentrales Element des Regierungsentwurfs, der Änderungen in einer Vielzahl von Gesetzen vorsieht, ist die Schaffung eines Verbandssanktionengesetzes, mit dem das als unzureichend empfundene Instrumentarium des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) durch eine neue Regelung ergänzt wird. Der Gesetzentwurf will erstmals eine originär im Strafrecht angesiedelte Sanktionierung von Unternehmen ermöglichen. Die entsprechenden Straftaten müssen entweder auf eine verbandsbezogene Pflichtverletzung zurückzuführen sein oder dem Verband einen finanziellen Vorteil verschaffen. Als Verband gelten neben klassischen Kapital- und Personengesellschaften auch Vereine, wobei nach dem überarbeiteten Wortlaut nur solche Verbände in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Anknüpfungspunkt ist entweder der Pflichtverstoß einer Leitungsperson oder das Unterlassen angemessener Aufsichtsmaßnahmen, durch die ein Compliance-Verstoß verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Dabei ist der Begriff der Verbandsstraftat nicht auf bestimmte Deliktsgruppen wie Vermögens- oder Steuerdelikte beschränkt, sondern umfasst sämtliche unternehmensbezogenen Straftaten bis hin zu Menschenrechts- oder Umweltverstößen. In steuerlicher Hinsicht relevant ist insbesondere die Steuerhinterziehung, nicht jedoch steuerliche Bußgeldtatbestände.
Bis zu 10 Prozent des Konzernumsatzes
Wesentlicher Kritikpunkt am Gesetzentwurf ist und bleibt die hohe Verbandsgeldsanktion. Auch wenn im Grundsatz die bereits in § 30 OWiG vorgesehenen Höchstgrenzen von 10 Millionen Euro bei einer vorsätzlichen und von 5 Millionen Euro bei einer fahrlässigen Verbandsstraftat fortgeschrieben werden, sollen Unternehmen, deren durchschnittlicher Jahresumsatz mehr als 100 Millionen Euro beträgt, mit deutlich höheren Sanktionen belegt werden können. Anknüpfend an Regelungen des Kartellrechts können im Falle einer vorsätzlichen Verbandsstraftat bis zu 10 Prozent und bei Fahrlässigkeit bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes verhängt werden. Als Bemessungsgrundlage ist bei konzernverbundenen Unternehmen, die als wirtschaftliche Einheit operieren, der weltweite Konzernumsatz zu berücksichtigen.
Auch KMU betroffen
In den Anwendungsbereich der erhöhten Sanktion fallen neben multinationalen Konzernen auch viele kleine und mittlere Unternehmen, die sicherlich nicht zur primären Zielgruppe des Gesetzentwurfs zählen. Als in besonderer Weise problematisch erweist sich das Anknüpfen an die Maßgröße Umsatz, insbesondere bei einem Geschäftsmodell mit niedriger Marge. Dass sich im überarbeiteten Regierungsentwurf eine neue Regelung findet, nach der – neben weiteren Kriterien – auch „die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verbandes“ zu berücksichtigen sind, ändert nichts an der problematischen Grundkonzeption der Norm.
Weniger Spielraum, mehr Verfahren
Als weitere wesentliche Verschärfung der Rechtslage ist geplant, dass Staatsanwaltschaften und sonstige Verfolgungsbehörden nach dem Legalitätsprinzip eine zwingende Verpflichtung zur Eröffnung von Ermittlungsverfahren gegen Unternehmen haben. Anders als im Bußgeldrecht soll die Verhängung von Verbandssanktionen nicht mehr im grundsätzlichen Ermessen der Verfolgungsbehörde stehen. Dass damit einer laut Gesetzesbegründung bestehenden „uneinheitlichen Verfolgungspraxis“ entgegengewirkt wird oder „regionale Besonderheiten“ beseitigt werden, darf jedenfalls für den Steuerbereich bezweifelt werden. Die Verhängung von Bußgeldern nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz, insbesondere anknüpfend an eine Verletzung der Aufsichtspflicht (§ 30, 130 OWiG), ist bei Steuerdelikten seit Jahren geübte Praxis der Behörden. Die besondere Relevanz der Einführung des Legalitätsprinzips zeigt sich auch daran, dass das Bundesjustizministerium nicht weniger als 15.000 Ermittlungsverfahren pro Jahr erwartet. Es wird also eine gewisse Erwartungshaltung formuliert, der die Strafverfolgungsbehörden nachkommen sollen.