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Mikromobilität im steuerlichen Querverbund

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Steuerliche Behandlung von Aufwendungen im Bereich der Mikromobilität (z. B. Fahrradverleihsysteme, Lastenräder, E-Scooter) bei kommunalen Unternehmen.


Überblick

  • Einbeziehung der Ergebnisse im Bereich der Mikromobilität (z. B. Fahrradverleihsysteme, Lastenräder, E-Scooter) in einen steuerlichen Querverbund „Versorgung/Verkehr“ in Abhängigkeit von den Gegebenheiten vor Ort vorstellbar.
  • Bezuschussung durch die öffentliche Hand aus „strukturpolitischen“ oder „allgemeinpolitischen“ Gründen (vgl. Abschn. 10.2 Abs. 7 Satz 4 UStAE) und damit „echter Zuschuss“ im Sinne des UStG.

Kommunale Unternehmen befassen sich zunehmend mit den neuen Formen der Mikromobilität (u. a. Fahrradverleihsysteme, Lastenräder, E-Scooter), was verschiedene neue steuerliche Fragen aufwirft, die es zu klären gilt.

Steuerlicher Querverbund

Nach dem Körperschaftsteuergesetz können insbesondere „Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen“, bei der steuerlichen Ergebnisermittlung zusammengefasst werden (§ 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 6 sowie § 8 Abs. 9 KStG). Betriebe des ÖPNV (Bus und Bahn) sind unstreitig steuerliche Verkehrsbetriebe in diesem Sinne. Aber auch Parkgaragen (BFH-Urteil vom 08.11.1989) und Flughäfen werden entsprechend eingeordnet (vgl. BMF-Schreiben vom 12.11.2009).

Solange ein kommunales ÖPNV-Unternehmen z. B. einem privaten Fahrradverleihunternehmen lediglich Geld dafür bezahlt, dass seine ÖPNV-Kunden bei dem Verleihunternehmen begünstigt Fahrräder mieten können (z. B. Freikontingent von 30 Minuten) oder dass an den Fahrrädern Werbeaufdrucke für das ÖPNV-Unternehmen angebracht sind, handelt es sich nur um eine Art von Marketingaufwendungen des ÖPNV-Unternehmens für seinen ÖPNV. Eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit als Fahrradvermieter (d. h. als Vertragspartner im Mietverhältnis) mit eigenen Einnahmen daraus liegen nicht vor. Diese Aufwendungen gehen u. E. vielmehr in das Ergebnis des ÖPNV-Betriebs und damit in einen ggf. schon vorhandenen steuerlichen Querverbund mit ein.

Sobald das kommunale ÖPNV-Unternehmen aber dem Kunden als Partner des Fahrradmietvertrags gegenübersteht und insoweit eigene Einnahmen erzielt, liegt eine gesonderte wirtschaftliche Tätigkeit vor. Diese Tätigkeit muss separat an dem Maßstab für steuerliche Verkehrsbetriebe im Sinne der vorgenannten Querverbundregelungen gemessen werden. Hierbei helfen u. E. die Ausführungen des BFH in dem o. a. „Parkgaragen-Urteil“ vom 08.11.1989 entscheidend weiter. Der Begriff des „öffentlichen Verkehrs“ umfasst laut BFH

„nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die Beförderung von Personen und Gütern, sondern [deckt] auch in einem umfassenderen dynamischen Sinn alle Bestrebungen der öffentlichen Hand zur Anpassung des Gesamtverkehrs an die sich entwickelnden Verhältnisse ab. Dazu gehört auch der Individualverkehr auf öffentlichen Straßen und die Bereitstellung von Flächen, die dem ruhenden Verkehr zum Parken zur Verfügung stehen […].“

Nach diesem weiten Verständnis des „öffentlichen Verkehrs“ müssen u. E. auch die Ergebnisse eines kommunalen Unternehmens aus eigener Tätigkeit im Bereich der Mikromobilität (z. B. Fahrradverleihsysteme, Lastenräder, E-Scooter) in einen steuerlichen Querverbund „Versorgung/Verkehr“ einbeziehbar sein.

 

Umsatzsteuer

Für den Bereich des ÖPNV existieren Verfügungen der Finanzverwaltung, denen zufolge Zahlungen von Gebietskörperschaften für „fahrplanmäßige Verkehrsangebote zur Bedienung der Allgemeinheit“ (OFD Karlsruhe vom 29.02.2008) keine umsatzsteuerlichen Entgelte darstellen.

Bei der Finanzierung etwaiger Verluste eines kommunalen Unternehmens aus ergänzenden Aktivitäten im Bereich der Mikromobilität durch die betreffende Kommune bzw. durch eine Konzernobergesellschaft (z. B. Holding) muss man dagegen auf die allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung und des „Umsatzsteuer-Anwendungserlasses“ (UStAE) der Finanzverwaltung zurückgreifen. 

Solange diese Finanzierung aber nicht gerade an der konkreten Zahl der Vermietungsvorgänge z. B. der Leihfahrräder anknüpft (z. B. Zuschuss der Stadt von x Euro für jeden einzelnen Mietvorgang) und damit ein Umsatzsteuer auslösendes „Drittleistungsentgelt“ begründet wird, wird man hiernach von einer Bezuschussung aus „strukturpolitischen“ oder „allgemeinpolitischen“ Gründen (vgl. Abschn. 10.2 Abs. 7 Satz 4 UStAE) und damit von einem nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfenden „echten Zuschuss“ ausgehen können. Die regelmäßig gegebene Verknüpfung der Mikromobilität z. B. in Form der Fahrradvermietung mit dem kommunalen ÖPNV, insbesondere mit Blick auf „die letzte Meile“, kann noch als ergänzendes Argument angeführt werden.

Fazit

Ob eine verbindliche Abstimmung der genannten steuerlichen Aspekte der neuen Formen der Mikromobilität (Fahrradverleihsysteme etc.) mit der Finanzverwaltung sinnvoll ist, hängt in erheblichem Umfang von der jeweiligen (wirtschaftlichen, aber insbesondere auch rechtlichen) Gesamtsituation vor Ort ab.

So ist u. a. die Frage der beihilferechtlichen Ausgestaltung der kommunalen Zuschuss- und der konzerninternen Verlustfinanzierung durch einen Gewinnabführungsvertrag mit einer Obergesellschaft (Stadtwerke, Holding) durch eine Betrauung zu berücksichtigen. In den Konstellationen, in denen ergänzend private Kooperationspartner bzw. Nachunternehmer den operativen Betrieb sicherstellen, sind zudem auch die vertraglichen bzw. vergaberechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten zu beachten.

Hierbei unterstützen wir Sie selbstverständlich gerne.

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