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Neues Sanierungsrecht: Das StaRUG ist da!


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Zum Jahresbeginn 2021 hat der Werkzeugkasten der Sanierer und Restrukturierer ein neues Werkzeug erhalten.


Überblick

  • Mit dem StaRUG hat der Gesetzgeber in Deutschland seit dem 01.01.2021 den rechtlichen Rahmen für ein außergerichtliches Sanierungsverfahren bereit gestellt.
  • Der Restrukturierungsplan bietet die Möglichkeit, dissentierende Gläubiger zu überstimmen.
  • Auf dem Weg zum Restrukturierungsplan können Stabilisierungsanordnungen vor dem Vollstreckungszugriff von Gläubigern schützen.

Am 01.01.2021 trat das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und ­restrukturierungsgesetz – StaRUG) in Kraft. Mit dem StaRUG hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) umgesetzt. Das StaRUG bildet den rechtlichen Rahmen für ein Sanierungsverfahren im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens. Der nachfolgende Beitrag gibt einen groben Überblick über die Möglichkeiten des neuen Verfahrens.

 

Für wen kommt ein Verfahren nach dem StaRUG in Betracht?

 

Das Verfahren nach StaRUG steht grundsätzlich sowohl natürlichen als auch juristischen Personen offen. Für natürliche Personen gilt dies allerdings nach § 30 Abs. 1 Satz 2 StaRUG nur, soweit sie unternehmerisch tätig sind. Terminologisch bezeichnet das StaRUG das zu sanierende Subjekt in Anlehnung an die Insolvenzordnung als „Schuldner“.

Wann kommt ein Verfahren nach dem StaRUG in Betracht?

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem Verfahren nach StaRUG um ein Sanierungsverfahren im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens. Das bedeutet, dass ein Schuldner zwar einerseits „sanierungsreif“ sein muss, andererseits aber noch nicht insolvenzreif sein darf. Für die Sanierungsreife greift das StaRUG auf den Begriff der drohenden Zahlungsunfähigkeit in § 18 InsO zurück. Zugangsvoraussetzung für ein Verfahren nach StaRUG ist mithin, dass der Schuldner drohend zahlungsunfähig ist. Schuldnern, die bereits zahlungsunfähig und/oder überschuldet sind, ist der Zugang zum Verfahren nach StaRUG verwehrt. Für zahlungsunfähige und/oder überschuldete Schuldner ist das Insolvenzverfahren vorgesehen, das ebenfalls Möglichkeiten für eine Sanierung eröffnet.

Zur Abgrenzung der Sanierungsreife von der Insolvenzreife hat der Gesetzgeber im Zuge der Einführung des StaRUG auch Änderungen in den Definitionen der Insolvenzgründe in der Insolvenzordnung vorgenommen. So beläuft sich nunmehr der Prognosezeitraum für das Vorliegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 Abs. 2 Satz 2 InsO in der Regel auf 24 Monate, während für die im Rahmen der Überschuldung nach § 19 InsO vorzunehmende Fortbestehensprognose ein Prognosezeitraum von 12 Monaten gilt. Ein Verfahren nach StaRUG kommt daher typischerweise in Betracht, wenn mit dem Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit in mehr als 12, aber weniger als 24 Monaten zu rechnen ist.

Welches Ziel hat ein Verfahren nach dem StaRUG?

Kernstück des Verfahrens nach StaRUG ist der Restrukturierungsplan. Dieser ist konzeptionell zwar an die Regelungen der Insolvenzordnung zum Insolvenzplan angelehnt; im Unterschied zum Insolvenzplan, in den stets sämtliche Insolvenzgläubiger einzubeziehen sind, kann der Restrukturierungsplan jedoch auf bestimmte Personengruppen (die „Planbetroffenen“) begrenzt werden. Die Auswahl der Planbetroffenen hat allerdings anhand sachlicher Kriterien zu erfolgen.

Ebenso wie der Insolvenzplan kommt der Restrukturierungsplan durch Mehrheitsbeschluss zustande und es besteht die Möglichkeit einer Gruppenbildung. Der Schuldner kann die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans beantragen. Mit der gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans treten die im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans festgelegten Wirkungen für alle Planbetroffenen ein, gleich ob sie sich an der Abstimmung beteiligt und ob sie für oder gegen den Restrukturierungsplan gestimmt haben.

Der Restrukturierungsplan bietet Schuldnern daher die Möglichkeit einer Entschuldung, die – anders als eine rein außergerichtliche Sanierung – nicht der ausdrücklichen Zustimmung aller von der Sanierung Betroffenen bedarf und die – anders als in einem Insolvenzplanverfahren – auf bestimmte Personengruppen begrenzt werden kann.

Welche Rechtsverhältnisse können in einem Verfahren nach StaRUG gestaltet werden?

Um eine effektive Entschuldung zu ermöglichen, erlaubt das StaRUG Eingriffe in Forderungen von Gläubigern sowie in Rechte an Gegenständen, die im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zur Absonderung berechtigen würden (z. B. Sicherungsübereignungen, Sicherungsabtretungen, Verpfändungen, Grundpfandrechte etc.). Bei juristischen Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit als Schuldner kann zudem in die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte eingegriffen werden. Insbesondere können Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte (ggf. auch gegen den Willen ihrer Inhaber) übertragen werden.

Im Übrigen aber wurde der Umfang der im Rahmen eines Verfahrens nach StaRUG gestaltbaren Rechtsverhältnisse im Gesetzgebungsverfahren quasi „in letzter Minute“ nicht unerheblich eingeschränkt. Die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit einer Beendigung laufender Vertragsverhältnisse durch Beschluss des Restrukturierungsgerichts wurde gestrichen. Anders als im Insolvenzverfahren besteht daher im Rahmen eines Verfahrens nach StaRUG keine Möglichkeit für den Schuldner, sich gegen den Willen von Vertragspartnern von Dauerschuldverhältnissen zu lösen. Darüber hinaus sind auch Forderungen aus Arbeitsverhältnissen der Gestaltung im Rahmen eines Verfahrens nach StaRUG nicht zugänglich.

Daraus folgt: Erfordert die Sanierung Eingriffe in laufende Vertragsverhältnisse, z. B. in unvorteilhafte Mietverhältnisse oder nicht mehr benötigte Leasingverträge, oder bedarf es einer tiefgreifenden Restrukturierung im Bereich der Arbeitnehmer, bietet das StaRUG keine Erleichterungen.

Wie gestaltet sich ein Verfahren nach StaRUG?

Um den Weg zum Restrukturierungsplan abzusichern, bietet das StaRUG die Möglichkeit gerichtlicher Stabilisierungsanordnungen. In diesem Zusammenhang können Vollstreckungs- und Verwertungssperren angeordnet werden.

Des Weiteren kann ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen erfolgt die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen. Im Falle der Bestellung von Amts wegen hat der Restrukturierungsbeauftragte zu überwachen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Restrukturierungssache vorliegen. Sofern Stabilisierungsanordnungen getroffen wurden, hat er laufend zu prüfen, ob die Anordnungsvoraussetzungen fortbestehen. Im Übrigen hat der Restrukturierungsbeauftragte den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts zu unterstützen.

Fazit

Mit dem Verfahren nach StaRUG wurde den Sanierern und Restrukturierern ein neues Werkzeug an die Hand gegeben. Im Hinblick auf die Einschränkungen bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen handelt es sich bei diesem Werkzeug jedoch nicht um ein Universal-, sondern um ein Spezialwerkzeug. Richtig angewandt, kann sich dieses Spezialwerkzeug aber in der Praxis als äußerst effektiv erweisen.

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