Glasfaser

Auswirkungen der TKG-Novelle auf den Gigabit-Ausbau

Das neue TKG enthält einige Neuregelungen, die für den Gigabit-Ausbau zur Erreichung der ambitionierten Digitalisierungsziele in Deutschland relevant sind.


Überblick

  • Zum 1. Dezember 2021 ist das novellierte TKG in Umsetzung der Richtlinie 2018/1972/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation in Kraft getreten. 
  • Neben den bereits bestehenden, teilweise neu geordneten Regelungen über die Wegenutzung und die Mitnutzung öffentlicher Versorgungsnetze in Teil 8 des TKG (siehe dazu das DigiNetz-Gesetz aus dem Jahr 2016) sind einige Neuregelungen hinzugekommen, die sich auch auf die kommunale Praxis beim Gigabit-Ausbau auswirken können.

Der neue § 22 TKG sieht die Möglichkeit der BNetzA vor, unter bestimmten engen Voraussetzungen und unabhängig von der Feststellung einer beträchtlichen Marktmacht Zugangsverpflichtungen zum jeweiligen Telekommunikationsnetz aufzuerlegen. Eine Auferlegung von Zugangsverpflichtungen scheidet gem. § 22 Abs. 2 Satz 1 TKG allerdings dann aus, wenn ein ausschließlich auf Vorleistungsebene tätiges Unternehmen, das selbst keine Endkundendienste erbringt, Netzzugang zu fairen, diskriminierungsfreien und angemessenen Bedingungen anbietet. § 22 Abs. 2 Satz 2 TKG macht hiervon wiederum eine Rückausnahme für den Fall, dass ein Unternehmen den Aufbau eines Telekommunikationsnetzes mit öffentlichen Mitteln finanziert und deshalb bereits beihilferechtlich eine Verpflichtung zur Gewährung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs besteht, § 8 Gigabit-Rahmenregelung. Hier stellt der Gesetzgeber den Bezug zum geförderten Gigabit-Ausbau her. Dort ist die Kommune Fördermittelempfänger, und zwar entweder im Wirtschaftslückenmodell oder im Betreibermodell. Begünstigte sind die Betreiber von Breitbandnetzen, die in einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahren ermittelt wurden. In diesem Zusammenhang verlangt die Gigabit-Rahmenregelung, dass der jeweilige Bieter bereits im Auswahlverfahren zur Gewährleistung eines offenen und diskriminierungsfreien Zugangs zu den geförderten Netzen („Open Access“) verpflichtet wird. Diese Verpflichtung erfolgt, je nachdem ob eine Förderung im Wirtschaftslücken- bzw. Betreibermodell gewährt wird, regelmäßig in den mit der Kommune zu schließenden Zuwendungs- bzw. Pachtverträgen. Insofern ist die Kommune zur Sicherstellung dieses Zugangs und im Streitfall – durch Ausübung ihrer vertraglich eingeräumten Rechte – gegenüber dem Begünstigten zur Durchsetzung des „Open Access“ verpflichtet.

Bisher war die BNetzA nach den beihilferechtlichen Vorschriften im Streitfall über den Netzzugang zunächst im Wege eines Konsultationsverfahrens anzurufen. Die BNetzA gibt daraufhin innerhalb von vier Wochen eine für den Zuwendungsempfänger und den Netzbetreiber verbindliche Stellungnahme zu den Zugangsbedingungen einschließlich der Preise ab. Nunmehr spricht einiges dafür, dass die BNetzA – eigenständig oder auf Anregung der betroffenen Kommune – das Unternehmen zusätzlich unmittelbar im Wege einer Ex-ante-Zugangsverpflichtung gem. § 22 Abs.1 TKG zur Gewährung des „Open Access“ verpflichten darf.

Wegerechte und Zustimmung des Wegebaulastträgers

Wie auch § 68 f. TKG a. F. regelt nun § 125 TKG die Grundlagen des telekommunikationsrechtlichen Sondergebrauchs an Verkehrswegen dahin gehend, dass die Nutzungsberechtigung dem Bund zugewiesen ist. Der Bund überträgt sie nach § 125 Abs. 2, 3 TKG durch die Bundesnetzagentur auf Antrag an die Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze oder öffentlichen Zwecken dienender Telekommunikationslinien, soweit diese nachweisen, dass sie über die zur Errichtung von Telekommunikationslinien erforderliche Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit verfügen.

 

Für die Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien ist vor Beginn der jeweiligen Baumaßnahme die schriftliche oder elektronische Zustimmung des i. d. R. kommunalen Wegebaulastträgers erforderlich, § 127 Abs. 1 TKG. In diesem Zusammenhang gibt der Gesetzgeber den Telekommunikationsunternehmen zwei gesetzliche Fiktionen an die Hand: Zum einen gilt die Zustimmung des Wegebaulastträgers nach Ablauf einer Frist von drei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrags als erteilt, § 127 Abs. 3 Satz 1 TKG, zum anderen beinhaltet § 127 Abs. 3 Satz 2 TKG eine rechtliche Fiktion im Zusammenhang mit der Vollständigkeit des Antrags. Danach beginnt die Zustimmungsfrist zwar nicht zu laufen, wenn der Antrag unvollständig ist und der zuständige Wegebaulastträger dies dem Antragssteller innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags mitteilt; unterbleibt jedoch eine solche Mitteilung über die Unvollständigkeit innerhalb der vorgesehenen Frist, beginnt die Zustimmungsfrist auch im Falle eines unvollständigen Antrags zu laufen. Die Regelung dient dem Zweck, einer in der Vergangenheit häufig anzutreffenden kommunalen Praxis entgegenzuwirken, Anträge nach längerem Zeitablauf als unvollständig anzusehen, um damit die Zustimmungsfiktion faktisch ins Leere laufen zu lassen. Kommunen bzw. die zuständigen Wegebaulastträger sind somit künftig gehalten, zeitnah über eingehende Anträge nach § 127 Abs. 1 TKG zu entscheiden. Verstreicht die Zustimmungsfrist, gilt die Zustimmung als erteilt. Da die Bauordnungen der Länder in deren § 1 regelmäßig die Errichtung von Telekommunikationslinien von deren Anwendungsbereich ausnehmen, wäre das Telekommunikationsunternehmen – vorbehaltlich weiterer notwendiger Genehmigungen – dann befugt, die erforderlichen (Tief-)Baumaßnahmen durchzuführen.

 

Ebenfalls beachtet werden sollte, dass gem. § 127 Abs. 8 TKG die Zustimmung nur mit solchen Nebenbestimmungen versehen werden darf, die dem (rechtlichen) Kompetenzkreis des Wegebaulastträgers entsprechen. Dazu zählen die Art und Weise der Errichtung sowie die dabei zu beachtenden anerkannten Regeln der Technik, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die Verkehrssicherungspflichten und die übliche Dokumentation der Lage der Telekommunikationslinie. Rechtswidrig sind dagegen – in der Praxis bislang häufig anzutreffende – Nebenbestimmungen, mithilfe derer die Wegebaulastträger versuchen, eigene Regeln der Technik aufzustellen oder auch das spätere Nutzungsverhältnis zu regeln (VG Augsburg – AU 4 K 12.1090).

 

Praktische Bedeutung erlangen in diesem Zusammenhang auch Zustimmungsanträge im Zusammenhang mit alternativen Verlegemethoden. Alternative Verlegemethoden sollen zukünftig flächendeckend im Gigabit-Ausbau zum Einsatz kommen. Zum einen steht eine Entscheidung hierüber nicht im Ermessen des Wegebaulastträgers; dem Antrag ist zuzustimmen, wenn der Antragsteller die durch eine mögliche wesentliche Beeinträchtigung des Schutzniveaus entstehenden Kosten oder den höheren Erhaltungsaufwand übernimmt. Zum anderen sieht § 127 Abs. 8 Satz 2 TKG vor, dass der Wegebaulastträger für den Fall, dass (noch) keine anerkannten Regeln der Technik für die mindertiefe Verlegung bestehen, im Rahmen von Nebenbestimmungen zur Zustimmung nach § 127 Abs. 1 TKG von den Angaben des Antragsstellers abweichende Vorgaben zur Art und Weise der Errichtung machen darf, wenn dies mit Blick auf § 126 Abs. 1 TKG aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist.

Fazit

Mit Blick auf die am 17. März 2022 veröffentlichten Eckpunkte des BMDV zur Gigabit-Strategie, die u. a. die Verdreifachung der Glasfaseranschlüsse und die Versorgung der Hälfte aller Haushalte und Unternehmen mit FTTB/H bis Ende des Jahres 2025 vorsehen, ist ein rechtsicherer Umgang mit den einschlägigen beihilfe-, förder- und (neuen) telekommunikationsrechtlichen Vorschriften unabdingbar.

Interessant wird insbesondere sein, wie sich die Regulierungspraxis der BNetzA hinsichtlich der neu eingefügten Möglichkeit des Erlasses einer Ex-ante-Zugangsverpflichtung gem. § 22 Abs. 1 TKG entwickeln wird.

Hierzu und auch zu allen anderen Fragen zum Thema Gigabit-Ausbau unterstützen wir Sie mit unserem interdisziplinären EY-Gigabit-Kompetenzteam.

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